Pfingsten – Geist, der Leben schafft, zur Verantwortung treibt und verbindet
Feuer, das Wärme verströmt, Glut der Liebe, Kraft, Besonnenheit
Predigttext: 1. Korinther 2, 12-16 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)
12 Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist.
13 Und davon reden wir auch nicht mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen.
14 Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen; denn es muss geistlich beurteilt werden.
15 Der geistliche Mensch aber beurteilt alles und wird doch selber von niemandem beurteilt.
16 Denn »wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer will ihn unterweisen«? (Jesaja 40,13) Wir aber haben Christi Sinn.
“Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist”, so rief der Apostel Paulus seiner Gemeinde in Erinnerung, was sie von Gott bekommen hatte: Gottes Geist, den Geist von Pfingsten. Flammen der Begeisterung, die hoch schlagen können, Licht, das die Wahrheit enthüllt, Feuer, das Wärme verbreitet und um das Menschen sich gerne versammeln, Glut der Liebe, die nicht verlöscht.
Wir Menschen können den Geist Gottes nicht fassen, nicht greifen und begreifen. Wir dürfen erfahren: Angefacht vom göttlichen Windhauch kann aus der kleinsten glimmenden Glut ein Feuer entstehen, eine wärmende Mitte, die Menschen anzieht und in den Menschen etwas bewirkt. Diese Glut, diese Kraft ist nie verlöscht, wurde immer wieder neu entfacht, wirkte schon in der jüdischen Religion, in Jesus.
Fünfzig Tage nach dem Pessachfest versammelten sich schon in einer langen Tradition die Mitglieder der jüdischen Gemeinde, um nach der eingebrachten Ernte ein großes Erntedankfest zu feiern. Später, nach der Zerstörung des Tempels, wurde das Fest als „Wochenfest” mit der dankbaren Erinnerung an die Gabe der Gebote auf dem Berg Sinai verbunden.
Christen sind also mit dem Pfingstfest, an dem sie die Gründung der christlichen Kirche feiern, am gleichen wärmenden Feuer versammelt wie die israelitisch-jüdische Gemeinde. Das Feuer des Geistes Gottes, wie es schon Mose im brennenden Dornbusch erlebte, führte sie damals in ein neues Leben. Die Gemeinschaft der weltweiten Familie Gottes wurde durch das Pfingstgeschehen erweitert, neues flammte auf und kam hinzu, denn in brennender Liebe wandte sich Gott in Jesus von Nazareth den Menschen zu.
Viele gaben seither diese Zuwendung mit ihrem Engagement in Kirche und Gesellschaft weiter. Sie haben sich von der Lehre und der Liebe Jesu anstecken lassen und sind mit Feuereifer bei der Sache. Sie helfen, wo Dunkelheit sich auszubreiten droht, in den Krankenhäusern, in der Begleitung Sterbender, in der Telefonseelsorge. Sie begeistern, vielleicht die Kinder im Kindergottesdienst, im Gottesdienst heute als Chor, denn beim gemeinsamen Singen können Funken überspringen.
Der Geist Gottes beseelt viele Menschen, die Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen, mit ihrem Feuer die Gesellschaft begeistern, und das nicht nur innerhalb der kirchlichen Möglichkeiten. Der Ausdruck dieses Geistes ist die jüdisch-christliche Ethik. Solches Tun findet nicht nur Beifall, es kann auf Ablehnung stoßen, es kann heftigen Gegenwind geben.
Wir brauchen Geduld, denn nicht jedes Rauschen, jedes Feuer bringt ein gutes Ergebnis. Nahe ist noch der katholische Kirchentag in Münster. Groß ist der Wunsch, dass evangelische und katholische Christen zueinander finden und gemeinsam im einenden Glauben an die Gegenwart des lebendigen Christus das Abendmahl, die Eucharistie, feiern. Den Wunsch nehmen viele mit flammender Begeisterung auf, aber es wird auch Streit geben, ein Ringen um die Wahrheit, und doch ein Anfang, ein leiser Wind, ein Hauch auf einem vielleicht noch langen Weg oder vielleicht schon “übermorgen”, Gott weiß es.
Der Pfingstgeist bewirkte damals einen hoffnungsvollen, Grenzen überschreitenden Aufbruch. Gott sei Dank, das Pfingstfeuer ist noch nicht erloschen. Es lehrt uns Menschen, auch hier jetzt an diesem und jedem Ort der Welt nicht wie der „Geist der Welt“ das Fürchten, sondern es erfüllt uns mit „Kraft, Liebe und Besonnenheit“, dem „Geist aus Gott“. Darum lasst uns heute und an jedem neuen Tag dafür danken und bitten: “Komm, Gott, Schöpfer, Heiliger Geist …”