Predigt

Rettungsringe

Selbstgestaltung statt Selbstbestimmung des Lebens

PredigttextMatthäus 4,1-11 (mit Einführung)
Kirche / Ort:Magdeburg
Datum:18.02.2024
Kirchenjahr:Invokavit (1. Sonntag der Passionszeit)
Autor:Pastor Dr. habil. theol. Günter Scholz

Predigttext: Matthäus 4,1-11 (Übertsetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

1 Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. 2 Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. 3 Und der Versucher trat herzu und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. 4 Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben (5.Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.« 5 Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels 6 und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben (Psalm 91,11-12): »Er wird seinen Engeln für dich Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« 7 Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben (5.Mose 6,16): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.« 8 Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit 9 und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. 10 Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben (5.Mose 6,13): »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.« 11 Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel herzu und dienten ihm.

Exegetische Bemerkungen

Dass Jesus nach der Taufe vom Geist in die Wüste getrieben und dort vom Teufel versucht wird, ist dem Matthäus bekannte Überlieferung (Mk 1,12-13). Schon bei Markus ringen Geist und Satan um Jesus. Die Engel dienen ihm. Damit ist Jesu Bewährung verbürgt. Ringen und Sieg zeichnen den Menschen (Versuchung) und Gottessohn (Dienst der Engel) aus.

Q hat das Ringen in der Wüste mit drei Versuchungsszenen kräftig ausgemalt. Mit Worten aus seiner Heiligen Schrift wehrt Jesus den Un-heiligen ab. Dabei geht es nicht um Magie der Worte, sondern um das Bekenntnis zu Gott angesichts des Ab-gotts.

Matthäus hat die Q-Version gern übernommen. Offenbar ist er – wie auch Markus – bewegt von der Frage, wer Jesus wirklich (alēthōs) war. Mt 3,17 gibt ihm das Stichwort: Jesus, der Sohn Gottes. Was das für ihn heißt, stellt er in der Versuchungsgeschichte dar: Jesus ist der menschliche Sohn Gottes, preisgegeben den Versuchungen, aber seine göttliche Gestalt nicht als Raub betrachtend, sondern in allem Gott dienend und seiner Berufung treu bis ans Kreuz (vgl. Phil 2,6-11). Jesus, der menschliche Sohn Gottes – so beginnt auch sein Evangelium: geboren von Maria, empfangen durch den Heiligen Geist.

Homiletische Bemerkungen

Ich greife die Versuchungsgeschichte als Sohn-Gottes-Geschichte auf. Daraus ergibt sich folgender Gedankengang: 1. Für Matthäus ist Jesus der Gottessohn. 2. „Gottessohn“ heißt: In ihm ist Gott uns ganz nah. 3. Gott kennt unsere Versuchungen.

Unsere Rettung aus den Versuchungen ist nur durch den Gottessohn möglich. Darum muss ich in der Predigt zuerst vom Gottessohn erzählen. Es geht aber letztlich um uns. Darum muss ich von uns erzählen und beides aufeinander beziehen. So ist das Feld der Predigt abgesteckt zwischen Christologie, Anthropologie und Soteriologie.

Die den „Teufel“ abwehrenden Bekenntnisworte bezeichne ich als „Rettungsringe“, die Gott dem Verführten zuwirft. Dieses Bild kann ich später auch auf uns anwenden. Der christologische Teil führt uns bis zum Kreuz, wo es keines Rettungsrings mehr bedarf.

Den Übergang zu uns finde ich zweifach: 1. Wie Jesus der Sohn, so sind wir die Kinder Gottes. 2. Auch wir sind Versuchungen preisgegeben. Aus 1. ergibt sich: Auch wir können die „Rettungsringe“ benutzen; aus 2. folgt die Frage: Welches sind die entsprechenden Versuchungen allezeit und heute? Meine Antwort: a) die Freiheit, ohne Gott leben zu wollen; b) Verwirklichung radikaler Selbstbestimmung; c) der Sog der Macht.

Soteriologisch ist einerseits das Kreuz der entscheidende Punkt, andererseits die Nachfolge: Die „Rettungsringe“ sind auch für uns da. Gemäß dem Schwerpunkt der Evangelien lege ich in der Predigt das Gewicht auf die Nachfolge.

Neuigkeiten

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Heinz Janssen
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