Schatz im Himmel – Erfüllung auf der Erde  

Erntedank 2013

Predigttext: Matthäus 6,19-23
Kirche / Ort: 79541 Lörrach- Brombach / Ev. Landeskirche in Baden
Datum: 06.10.2013
Kirchenjahr: 18. Sonntag nach Trinitatis
Autor/in: Pfarrer Dr. Michael Hoffmann

Predigttext: Matthäus 6,19-23 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

19 Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. 20 Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. 21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. 22 Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein. 23 Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein!

Einführung zur Predigtperikope
 
Der Predigttext ist Teil der Bergpredigt. Schon lange ist erkannt, dass die Bergpredigt nicht die Tora auflösen, sondern erfüllen will. Nur am Rande sei erwähnt, dass selbstverständlich auch die sogenannten Antithesen nicht im Gegensatz zur Tora stehen, sondern eine besondere Auslegung thematisieren. Und jenseits der alten kirchengeschichtlichen Frage nach der Erfüllbarkeit der Regeln, ist die Bergpredigt in jedem Fall als ethische Anleitung zu Verhalten und Handeln zu verstehen. Und so ist auch die gesamte Thematik der Bergpredigt im Horizont der Tora zu verstehen, die nicht zuerst an einer himmlischen Vergeltung, sondern an der irdischen Erfüllung interessiert ist. Auch in unseren Versen geht es um ein ethisches Verhalten, das zum Sammeln von Schätzen ermuntert, die von Dauer sind und bleiben. Dabei soll diese Metapher des himmlischen Schatzes nicht auf bestimmte Vorstellungen reduziert werden, sondern dem Hörer die Freiheit lassen, selbst zu entdecken, welche Schätze er in seiner eigenen Gegenwart finden kann. Dass die Konkretion dieser Schätze natürlich im Horizont von Evangelium und Bergpredigt vor allem in Begegnungen mit Menschen besteht, ist selbstverständlich, sollte aber darauf nicht eingeengt werden. Denn die Aufforderung des Sammelns von Schätzen setzt ja voraus, dass Schätze nicht nur gesucht, gefunden, sondern auch als solche erkannt werden. Den Kasus „Erntedank“ entfalte ich in der Predigt nicht nur als Dankbarkeit für die Gaben Gottes, sondern auch als Dankbarkeit für die Möglichkeit der Gestaltung des eigenen Lebens. Es ist ja gerade diese Aufforderung nach dem Sammeln von himmlischen Schätzen, die auf Selbständigkeit und Mündigkeit der Hörer und Leser setzt. Die beiden abschließenden Verse 22 und 23 vom Licht verstehe ich als Kommentar der Verse 19-21, in dem Sinne, dass für das Sammeln der himmlischen Schätze Menschen mit offenen Augen diese Möglichkeit wahrnehmen (vgl U.Luz, MtEv, 361).
 
Literatur: Ulrich Luz, Das Evangelium nach Matthäus 1,1, Neukirchen, 1989. - Wolfgang Stegemann, Jesus und seine Zeit, Stuttgart 2010, besonders S.: 41-60
 

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Worauf kommt es an im Leben? Wofür lohnt es sich anzustrengen und einzusetzen? Was bringt nicht nur einen kurzen Kick, sondern dauerhaften Sinn? Was erwarten wir vom Leben, was wollen wir haben und erleben? Bestimmt habt auch Ihr als Konfis bestimmte Vorstellungen von dem, was Ihr wollt und genaue Wünsche, auf deren Erfüllung ihr wartet. Vielleicht ein „gechilltes“ Wochenende – wie ihr heute sagt – oder ein Handy oder I-Phone, um auf dem Laufenden zu sein. Aber eigentlich ist die Verwirklichung solcher Vorhaben nicht wirklich entscheidend. Denn all das bleibt nicht, sondern geht schnell vorüber oder veraltet. Was wirklich wichtig und entscheidend ist, ist doch etwas ganz anderes: Herzliches Verhältnis zu Hause mit den Eltern, gutes Verständnis mit Freunden, freundliches Klima in Schule und Freizeit, das ist doch das, was das Leben lebenswert macht. Und für später eine gute Ausbildung oder interessantes Studium, abwechslungsreicher und sicherer Beruf. Das wünschen wir Euch natürlich.

Vieles im Leben ist aber trotzdem nicht sicher und von Dauer. Da gehört es zu unserem Leben, dass es immer wieder Veränderungen gibt und manche Mühe auch vergeblich ist. Davor bleibt kaum jemand verschont. Hier bei uns in Lörrach müssen sich Arbeitnehmer neu orientieren, weil die fernen Verantwortlichen der Firma die Produktion auslagern. Ob darauf Segen ruht, ist fraglich, aber danach wird oft nicht gefragt. Selbst Menschen, die früher Ansehen und Einfluss gewohnt waren, müssen Vergänglichkeit und Vergeblichkeit erleben. Viele Politiker, die nun nicht mehr gewählt wurden, müssen sich neu auf das Leben einstellen und die Erfahrung verarbeiten, dass sie für andere nicht mehr wichtig sind und keine Macht mehr haben. Deshalb ist es so nötig, das zu suchen, was wirklich bleibt, hält und von Dauer ist. Und so erinnert uns Jesus heute daran, dass es doch etwas gibt, was hält, trägt und von Dauer ist. Jesus erinnert uns daran, dass sich diese Suche nach Beständigkeit und Verlässlichkeit lohnt. Diese Ermunterung Jesu ist unser Predigttext für den heutigen Erntedanktag.
 
(Lesung des Predigttextes)
 
Suchen, was bleibt, sammeln, was von Dauer ist: das sind die Schätze im Himmel. Oder anders ausgedrückt: suchen und schätzen, was einem niemand mehr nehmen kann. Dass natürlich nicht nur Party, sondern auch Reichtum vergänglich ist, haben gerade in den letzten Jahren viele gemerkt. Die Erfahrung von abstürzenden Börsen, bankrotten Banken und zahlungsunfähigen Ländern, war dagegen für die überraschend, die tatsächlich an die ewige Dauer und Stabilität von Wirtschaft und Reichtum geglaubt haben. Es ist wieder die Suche nach dem nötig, was wirklich bleibt und Sinn stiftet. Die Suche nach dem, was gerade auch in Zeiten der Zerbrechlichkeit, Halt geben kann. Das sind immer noch Werte wie Verlässlichkeit und Vertrauen. Und wenn es daran fehlt, dann sieht es im Leben wirklich finster aus. Himmlische Schätze suchen, die bleiben. Diese Suche gilt für Staaten und für Menschen. Da ist es ja auch unverständlich, wenn gerade das, was in manchen Ländern so wertvoll und erfreulich war, auf einmal nichts mehr wert ist. Es braucht doch Freiheit und Sicherheit, Toleranz und Offenheit, damit Menschen gerne ein Land besuchen. Und es sind ja dann auch diese Schätze von Natur und Klima, von Geist und Geschichte, die bleiben. Schätze, die nicht nur immer wieder gesucht, sondern auch gewürdigt werden müssen.
 
„Wo dein Schatz ist, da ist dein Herz.“ Das gilt für Beziehung und Beruf, für Begegnung und Freundschaft. Das sind sie, die Schätze im Himmel, die bleiben. Daran erinnert Jesus nicht nur, das hat er auch den Menschen vorgelebt. Begegnungen, die ihnen ein ganzes Leben lang Kraft gegeben haben. „Sammelt Schätze im Himmel“ Das hat bei Jesus mit Menschen zu tun. Darauf kommt es an. Und es stimmt, dass gerade Beziehung und Begegnung Sinn stiften und das Leben prägen. Dennoch gibt es immer wieder Verbindungen und Beziehungen, die zerbrechen. Liebe, die endet und enttäuscht wird, aber auch Verlust und Abschied sind zu verkraften. Trotzdem bleiben diese Erfahrungen. Es bleibt die Erinnerung an gemeinsame Zeit. Der wird zum Schatz im Himmel. Das ist tröstlich ist. Denn all diese geglückten und erfüllten Begegnungen sind bei Gott geborgen und aufgehoben. Das ist nicht fromme Floskel, sondern echte Erfahrung von Menschen. „Sammelt Schätze im Himmel.“ Das ist immer wieder die Erinnerung daran, dass es Vieles gibt in unserem Leben, was bleibt, was wichtig und wertvoll ist. „Sammelt Schätze im Himmel.“ Das traut Gott uns zu. Dass wir diese Schätze wahrnehmen und erkennen und würdigen. Das ist auch ein besonderes Kennzeichen unseres Glaubens. Dieses Vertrauen Gottes in die Entscheidung der Menschen. Ermutigung zu Selbständigkeit und Verantwortung. Schätze sammeln, die blieben: immer wieder neu prüfen, was hält und unterscheiden von dem, was blendet und nur kurzfristige Abwechslung bringt. Jesus ermutigt uns, immer wieder neu zu suchen und zu entdecken, was bleibt und unserem Leben wirklichen Sinn gibt.
 
Heute feiern wir Erntedank. Das bedeutet Dankbarkeit für das, was wir haben. Dankbarkeit dafür, dass es uns an nichts fehlt. Dankbarkeit für die Schätze, die wir haben und deswegen viele mit uns tauschen würden. In anderen Ländern wird Menschen die Freiheit beschnitten. In Syrien ist ein Ende der Gewalt immer noch nicht abzusehen. Da wäre es so wichtig, dass die, die Verantwortung tragen, endlich wieder erkennen, was bleibt und Sinn stiftet: nämlich Sicherheit und Frieden.
 
Schätze sammeln für den Himmel. Die finden wir hier auf der Erde.
Schätze im Himmel. Die bringen auf der Erde Erfüllung bringt. Die zu suchen ermutigt uns Jesus. Und das kann jeder Mensch:  nämlich erkennen, was sein Leben wertvoll und einzigartig macht. Denn wenn Jesus daran erinnert, diese Schätze zu suchen, werden wir sie auch finden. Das gilt für jeden Menschen. In jedem Alter. Darauf kommt es unserem Gott immer wieder an.

„Wenn dein Auge lauter ist.“ Wenn Du Dich auf das einlässt, was wirklich bleibt, wirst Du es finden. Natürlich geht es nicht um den kurzen Kick, sondern um dauerhafte Erfüllung. Die Suche danach lohnt.
Deshalb werden wir finden, was bleibt. Und mehr noch: Gott bleibt bei uns. Er lässt sich niemanden von uns nehmen. In Ewigkeit.
 
Ort: Ev. Kirche Brombach, 10 Uhr
79541 Lörrach- Brombach
Prediger: Michael Hoffmann
 

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Ein Kommentar zu “Schatz im Himmel – Erfüllung auf der Erde  

  1. Pastor i.R. Heinz Rußmann

    Vieles im Leben ist nicht von Dauer. An diese menschliche Erfahrung erinnert Pfarrer Dr. Hoffmann zuerst. Es ist immer wieder die Suche nötig, nach dem was bleibt und Sinn stiftet. Daran erinnert uns Jesus mit dem Predigttext. Es geht um die Suche nach himmlischen Schätzen, die bleiben. Beziehungen zwischen Menschen stiften Sinn, aber auch sie sind zerbrechlich. Erinnerung an vergangenes Glück kann auch ein “Schatz im Himmel” sein. Denn alle geglückten Beziehungen sind bei Gott aufgehoben. Es geht aber besonders darum, diese Schätze heute wahrzunehmen und zu erkennen. Immer wieder neu suchen, was unserem Leben Sinn gibt. Das hat Jesus vorgelebt, dazu ermutigt er uns. Das traut uns Gott zu. Zum Schluss geht der Prediger auf das Erntedankfest ein. Dankbar können wir sein für viele Schätze in unserem Land, auch für Freiheit, Toleranz, Sicherheit und Frieden. Der wichtigste Schatz: Gott bleibt bei uns bis in Ewigkeit. Man könnte mit 1.Joh 4,16 ergänzen: “Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm”. Das Thema: Schätze im Himmel sammeln, die uns schon jetzt reich machen, wird uns eindringlich und erfreulich in dieser Predigt nahegebracht.

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