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Predigttext2. Mose 16,2-3.11-18 (mit Einführung)
Kirche / Ort:Matthäuskirche / Pforzheim
Datum:03.08.2014
Kirchenjahr:7. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pfarrer Hartmut Friedrich (Ev. Landeskirche in Baden)

Predigttext: 2.Mose 16,2-3.11-18 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

2 Und es murrte die ganze Gemeinde der Israeliten wider Mose und Aaron in der Wüste. 3 Und sie sprachen: Wollte Gott, wir wären in Ägypten gestorben durch des HERRN Hand, als wir bei den Fleischtöpfen saßen und hatten Brot die Fülle zu essen. Denn ihr habt uns dazu herausgeführt in diese Wüste, dass ihr diese ganze Gemeinde an Hunger sterben lasst. 11 Und der HERR sprach zu Mose: 12 Ich habe das Murren der Israeliten gehört. Sage ihnen: Gegen Abend sollt ihr Fleisch zu essen haben und am Morgen von Brot satt werden und sollt innewerden, dass ich, der HERR, euer Gott bin. 13 Und am Abend kamen Wachteln herauf und bedeckten das Lager. Und am Morgen lag Tau rings um das Lager. 14 Und als der Tau weg war, siehe, da lag's in der Wüste rund und klein wie Reif auf der Erde. 15 Und als es die Israeliten sahen, sprachen sie untereinander: Man hu? Denn sie wußten nicht, was es war. Mose aber sprach zu ihnen: Es ist das Brot, das euch der HERR zu essen gegeben hat. 16 Das ist's aber, was der HERR geboten hat: Ein jeder sammle, soviel er zum Essen braucht, einen Krug voll für jeden nach der Zahl der Leute in seinem Zelte. 17 Und die Israeliten taten's und sammelten, einer viel, der andere wenig. 18 Aber als man's nachmaß, hatte der nicht darüber, der viel gesammelt hatte, und der nicht darunter, der wenig gesammelt hatte. Jeder hatte gesammelt, soviel er zum Essen brauchte.

Einführung zum Predigttext

Was den Zuschnitt der vorgeschlagenen Perikope angeht, schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Auf der einen Seite ist mir die Zerstückelung dieses Bibelabschnittes zuwider und allzu sehr eine Verbeugung vor Ergebnissen historisch-kritischer Forschung, die man durch aus hinterfragen kann. Auf der anderen Seite ist der Predigttext schon so relativ lang, was sich durch Ergänzung der V. 4-10 noch zuspitzen würde. Im Gottesdienst wird auch eine Taufgesellschaft sein. Da ist mit Menschen zu rechnen, die einem Bibeltext je schlechter folgen können, desto länger er ist. Ich entscheide mich also zähneknirschend für die Kurzvariante. Wer sich für die Nuancen, interessiert, die die ausgelassenen Verse in unseren Abschnitt noch hinein bringen, sei auf den Kommentar von Rainer Albertz zur Stelle verwiesen. Aber auch dieser Kommentar zeigt m.E. die Problematik aller Zuordnungen von Textteilen zu verschiedenen Quellen: es wirkt konstruiert, spekulativ; vor allem fehlt die sinnvolle Erklärung des vorliegenden Textzusammenhangs.

In der Predigt gehe ich aus von Erfahrungen der Befreiung, in unserer Zeit und für das Volk Israel. Bei aller exegetischen Diskussion um die Exodusgeschichte bleibt ja der Auszug aus Ägypten das zentrale Ereignis für das Volk Israel wie für das Judentum bis zum heutigen Tag. Der Befreiung folgt die Ernüchterung. Auch das – leider – eine grundlegende Erfahrung. Der Ernüchterung folgt die Unzufriedenheit und die Artikulierung von Ärger, Murren. Das Hochgefühl der Befreiung weicht der Unzufriedenheit. Gott überhört das Murren, ist nicht beleidigt. Er versteht vielmehr, warum das Volk unzufrieden ist, er versteht, was Hunger bedeutet. An anderen Stellen der Bibel ist das anders, da wird Gott auch als zorniger Gott beschrieben, so in der Geschichte vom Goldenen Kalb. Hier aber begegnet uns ein Gott mit weitem Herzen. Nun ist es mir wichtig, herauszustellen: die Enttäuschungen nehmen den Aufbrucherfahrungen nicht ihren Wert, entlarven sie nicht als Illusion. Aber die Aufbrucherfahrungen lassen sich eben auch nicht konservieren. Es braucht Geduld, sie in den Alltag hinüberzuretten. Bei dieser Aufgabe, Geduld zu entwickeln, erfährt das Volk Israel Gott an seiner Seite. Wie schon beim Durchzug durch das Schilfmeer wendet er die Katastrophe ab. Das tägliche Brot, die Nahrung, ist gesichert.

Was es nun mit dem Manna auf sich hat, darum gibt es eine breite theologische Diskussion, die im Grunde schon in der Bibel anfängt. Man vergleiche dazu 4. Mose 11,6-9, Psalm 78,23-25 und Psalm 105,40 wie auch den Rückbezug Jesu auf die Mannageschichte im Johannesevangelium (6,31). Da erscheint Manna einmal als Wunder Gottes, einmal als Naturerscheinung, einmal als himmlische Speise. Jesus dagegen betont: das wahre Himmelsbrot ist nur er selbst. Diese Vielfalt sollte man stehen lassen. Das ist der Reichtum biblischer Bilder. Spannend ist dabei eben auch noch das Thema der Gerechtigkeit: „Jeder soviel er zum Essen brauchte.“ Dass das mindestens elementarer Bestandteil des Mannawunders ist, lässt sich m.E. kaum bestreiten. Würde man die ausgelassenen Verse mit einbeziehen, würde noch das Thema des Sabbats mit eingespielt.

Lieder

"All Morgen" (EG 440) "Ich lobe meinen Gott" (EG 272) "Bewahre uns Gott" (EG 171)

Literatur

Albertz, Rainer, Exodus, Band I: Ex 1-18, Zürcher Bibelkommentare, AT 2.1, Zürich 2012. - Ebach, Jürgen, „Jeder nach seinem Eßbedarf“. Die Geschichte vom Mannawunder, in: ders., Ursprung und Ziel. Erinnerte Zukunft und erhoffte Vergangenheit. Biblische Exegesen, Reflexionen, Geschichten, Neukirchen-Vluyn 1986, S. 126-146. - Gradwohl, Roland, „Fleisch“ und „Brot“ in der Wüste. Ex 16,2-3.11-18, in: ders., Bibelauslegungen aus Jüdischen Quellen, Bd. 2, Die alttestamentlichen Predigttexte des 6. Jahrgang, S. 70-86. - Kreitzscheck, Dagmar, Genüge und Gerechtigkeit, in: Göttinger Predigtmeditationen 2014/5, S. 361-367. -Schöllkopf, Susanne, Unser täglich Brot gib uns heute, in: Predigtmeditationen im christlich-jüdischen Dialog, Weihenzell 2013, S. 300-305.

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Heinz Janssen
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