Predigt

Starke Frau(en)

Hunger nach Leben und Veränderung – Einladung zum österlichen Jubel

Predigttext1. Samuel 2,1-2.6-8a
Kirche / Ort:Nünschweiler
Datum:08.04.2012
Kirchenjahr:Ostersonntag
Autor:Pfarrerin Anke Andrea Rheinheimer

Predigttext: 1. Samuel 2,1-2.6-8a (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

1 Und Hanna betete und sprach: Mein Herz ist fröhlich in dem HERRN, mein Haupt ist erhöht in dem HERRN. Mein Mund hat sich weit aufgetan wider meine Feinde, denn ich freue mich deines Heils. 2 Es ist niemand heilig wie der HERR, außer dir ist keiner, und ist kein Fels, wie unser Gott ist.

6 Der HERR tötet und macht lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder herauf. 7 Der HERR macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht. 8 Er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der Asche, dass er ihn setze unter die Fürsten und den Thron der Ehre erben lasse.

Exegetische (I.) und homiletische (II.) Anmerkungen

I. Der Predigtabschnitt für den Ostersonntag ist Teil der Samuelbücher, die eine stark sozialkritische Komponente haben: Einfache Menschen bekommen herausragende Aufträge, Kleine besiegen Große, Mächtige und Herrschende werden nicht von Kritik verschont. So wird ausgerechnet David, der Hütejunge aus Bethlehem und jüngste in der Riege seiner Brüder, vom Propheten Samuel zum König gesalbt. Der schmächtige David siegt gegen den Riesen Goliath. Nathan hält dem mächtigen König eine Strafpredigt. Diese Kritik an den Herrschenden und ihren Besitzansprüchen zeigt sich als Tendenz auch in und im Umfeld unserer Predigtperikope, wo in antithetischen Begriffspaaren eine Umkehrung der faktischen Verhältnisse als Gottes Wille und Tat vor Augen gestellt wird (V. 6-8)

Auch Hanna gehört als kinderlose Frau im damaligen Israel zu den Dürftigen, Niedrigen und Geringgeachteten, noch dazu gedemütigt von der kinderreichen Zweitfrau ihres Mannes Elkana. Dieses Schicksal anfänglicher Unfruchtbarkeit teilt sie mit anderen biblischen Frauengestalten, mit der Stammmutter Sara und später Elisabeth. Aber an dieser gedemütigten und doch so starken und selbständigen Frau tut Gott, was sie in ihrem Loblied besingt: Ihr Lebensschickal wendet sich, und sie wird die Mutter eines der wichtigsten Figuren in der frühen israelitischen Geschichte, des Propheten Samuel. Als betende Frau wird uns Hanna vorgestellt (in 1 Sam 2,1 betet sie zum fünften Mal nach 1,10.12.26.27). Fest ist ihr Vertrauen auf Gott, der sie nicht enttäuscht. Gott erweist Hanna durch die Geburt ihres Kindes seine Treue, und Hanna bleibt umgekehrt Gott treu, indem sie ihr Gelübde erfüllt und ihren Sohn in den Tempeldienst am Heiligtum in Silo gibt. Es ist erstaunlicher Weise hier, in diesem Abschiedsmoment, nicht schon nach der Geburt, wo sie ihr Loblied vor Gott bringt. Freudig empfangen und in Dankbarkeit wieder loslassen können gehört für Hanna zusammen.

II. Homiletisch dient der Lobgesang der Hanna aus dem Ersten Testament als Osterperikope. Der in der vorliegenden Predigt gewählte Anknüpfungspunkt an die Osterthematik des Feiertags ist die Deutung der Lebenserfahrung der Hanna, dieser starken Frau, die aber auch Zeiten großer Schwäche und Ohnmacht durchlitten hat, als Auferstehungserfahrung mitten im Leben. Ihr Lebensschicksal wendet sich. Wie später Maria, die Mutter Jesu, erfährt sie, dass Gott große Dinge an ihr tut. Textlich ist das Magnifikat, der Lobgesang der Maria im Neuen Testament (Lk 1,46-55), angelehnt an den Lobgesang der Hanna mit seinem überschwänglichen Gotteslob. Hannas Freude im Herrn ist österlicher Jubel, echte Auferstehungs- und damit Osterfreude, wie sie auch die Frauen am Grab Jesu am Ostermorgen auf den Lippen haben und wie die am Gottesdienst Teilnehmenden sie im Ostergruß einander weitergeben können. Die beiden Testamente verbinden sich mit dem Lobgesang der Hanna, die mit ihren älteren und jüngeren „Schwestern im Geist“ zu den herausragenden Frauengestalten in der Bibel gehört. Unser Osterjubel verbindet sich mit dem Lobgesang der Hanna, die auf Gott vertraut hat und der er seine Treue erwiesen hat.

Literatur

Käsmann, Margot, Mütter der Bibel. 20 Portraits für unsere Zeit, Freiburg i. B. 2010. - Volkmann, Michael, Ostersonntag: 1 Sam 2,1-2.6-8a, Predigtmeditationen im jüdisch-christlichen Kontext. Zur Perikopenreihe IV, hg. von Studium in Israel e.V., Wernsbach 2011, S. 163-166.

Lieder

“Frühmorgens, da die Sonn aufgeht” (EG 111) „Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen“ (EG 272) “Wir wollen fröhlich singen Gott, unserem lieben Herrn” (EG 167) “Magnificat“ (EG 622, RT Pfalz, Kanon zu Lk 1,46)

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