Tragendes Fundament
Was hat Bestand?
Predigttext: 1.Korinther 3, 9 – 17 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
(Denn) wir sind Gottes Mitarbeiter, ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau.
Ich nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe den Grund gelegt als ein weiser Baumeister, ein anderer baut darauf.
Ein jeder sehe zu, wie er darauf baut.
Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.
Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh, so wird das Werk eines jeden offenbar werden, Der Tag des Gerichts wird’s klar machen, denn mit Feuer wird er sich offenbaren. Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen.
Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen.
Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden, er selbst aber wird errettet werden, doch so, wie durch’s Feuer hindurch.
Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?
Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben, denn der Tempel Gottes ist heilig, der seid ihr.
Lieder
„All Morgen ist ganz frisch und neu“ (EG 440)
„Strahlen brechen viele“ (268)
„Lass mich dein sein und bleiben“ (157)
Eingangsgebet
Mit Dir wollen wir beginnen, alles, was neu ist, Gott! Gott des Alltags, bitte begleite mich durch diese neue Woche. Gott der Liebe, bitte gib mir offene Augen und Ohren für meine Mitmenschen. Gott der Hoffnung, bitte schenke mir Zuversicht in Momenten, die mich verunsichern. Gott der Weisheit, bitte hilf mir, kluge Entscheidungen zu treffen. Gott der Kraft, bitte erfülle mich mit deiner Lebensenergie. Gott der Stille, bitte erfrische mich mit deiner Ruhe. Gott des Friedens, bitte segne meine Gedanken und Gefühle. Bitte, hilf mir, dein Licht in diese Welt zu bringen.
(Nach Marie Krüerke, leicht überarbeitet)
Segensgebet
Geht, die ihr glauben könnt, und tragt den Glauben in die Welt! Geht, ihr Geretteten, und tragt die Hoffnung in die Welt! Geht, ihr Erwärmten, tragt die Wärme in die Welt! Geht, ihr Fröhlichen, tragt eure Freude in die Welt! Geht, ihr Erleuchteten, und tragt das Licht in unsere Welt! Geht, ihr Gesegneten, tragt Gottes Segen in die Welt!
(Wilma Klewinghaus)
Empfehlung für ein vorformuliertes
Fürbittengebet
Herr, segne meine Hände, dass sie behutsam seien, dass sie halten können, ohne zur Fessel zu werden, dass sie geben können ohne Berechnung, dass ihnen innewohne die Kraft zu trösten und zu segnen. Herr, segne meine Augen, dass sie Bedürftigkeit wahrnehmen, dass sie das Unscheinbare nicht übersehen, dass sie hindurchschauen durch das Vordergründige, dass andere sich wohlfühlen können unter meinem Blick. Herr, segne meine Ohren, dass sie deine Stimme zu erhorchen vermögen, dass sie hellhörig seien für die Stimme der Not, dass sie verschlossen seien für den Lärm und das Geschwätz, dass sie das Unbequeme nicht überhören. Herr., segne meinen Mund, dass er dich bezeuge, dass nichts von ihm ausgehe, was verletzt oder zerstört, dass er heilende Worte spreche, dass er Anvertrautes bewahre. Herr segne mein Herz, dass es Wohnstatt sie deinem Geist, dass es Wärme schenken und bergen kann, dass es reich sei an Verzeihung, dass es leid und Freude teilen kann. Lass mich dir verfügbar sein, mein Gott, mit allem, was ich habe und bin.
(Antje Sabine Naegeli)
„Da liegt kein Segen drauf!“ Wenn meine Großmutter, unnachahmlich und unbestechlich, diese Äußerung machte, konnte das Gegenüber eigentlich nur beschämt den Kopf einziehen. Einen schlimmeren Verriss konnte sie nicht aussprechen. Das aber war ihr das Höchste: Dass Segen auf einem Werk liegen sollte. Und dafür setzte sie sich ein. Ob ihre Kinder oder später wir Enkel etwas planten, ein Vorhaben durchführten, so sah sie es an unter dem Maßstab Gottes: Segen oder nicht Segen. Vielleicht kann man jetzt denken, meine Großmutter sei eine bigotte „Kanzelschwalbe“ gewesen, so bezeichnete man in grauer Vorzeit von heute aus gesehen die Frauen, die ständig unterwürfig in die Kirche laufen, aus lauter Angst vor dem Leben lieber öfter beten und darüber ihre Aufgabe in der Welt vergessen, Frauen, die alles tun, was der Pfarrer gutheißen und loben muss.
I.
Nein, eine solche Kanzelschwalbe war meine Großmutter gewiss nicht. Eher das Gegenteil: Wenn in der Kirche zu bigott über die Alltagsnöte der Menschen hinweggegangen wurde, wenn papierene Moral die Liebe zu ersticken drohte, dann war meine Großmutter zur Stelle. Ich erinnere mich noch, wie ich als Kind eine Unterhaltung am Küchentisch mithörte, als sie sich empörte, dass der Kirchengemeinderat eine unverheiratet schwanger gewordene Erzieherin entlassen wolle, denn sie sei ein schlechtes Beispiel. Sie als einzige Kirchengemeinderätin stand dagegen: Eine Frau in ihrer Situation dürfe von einer christlichen Kirche nicht auch noch im Stich gelassen werden., sondern die Gemeinde müsse helfen. Ihre Moral war die der tätigen Liebe. Und: Sie setzte sich durch. Die Erzieherin wurde nicht entlassen.
Der Segen Gottes liegt auf allem, was aus der Liebe entsteht. Was aber ist die Liebe? Ein betuliches Gefühl oder Tätigwerden im Geist? Ist die Liebe ein Verzeihen von allem und jedem? Bedeutet Liebe: Schwamm drüber? Ganz gewiss nicht! Ob Segen auf einem Tun, auf einer Beziehung, auf einem Leben liegt, erweist sich in der unbestechlichen Liebe Jesu Christi. Ob aus Eigennutz gehandelt wird, ob jemand einen anderen, wie man so sagt „über’s Ohr hauen will“, erweist sich mit der Zeit. Ein Geschäftsmann oder eine Geschäftsfrau, auf den schnellen Gewinn aus und mit Dumpinglöhnen oder –preisen arbeitend, wird irgendwann keinen Erfolg mehr haben können. Geschäftspartner werden sich empört und verletzt abwenden, die Mitarbeitenden ohne Motivation arbeiten und nur das Nötigste an Engagement zeigen. Dieses Werk hat keinen Bestand. Es liegt kein Segen drauf. Wenn Länder im Welthandel drohen, sich gegenseitig sanktionieren aus Eigennutz, schaden sie nicht nur dem Ganzen, sondern auch sich selbst. Wer in der Beziehung, der Ehe, den Partner, die Partnerin nur aus- und benutzt, wird auf Dauer selber unglücklich werden. Die Beziehung muss scheitern, Menschen unglücklich zurücklassen, alle!
Besonders in Fragen der Politik, speziell in Sozial –oder Friedensfragen, empörte meine Großmutter sich häufig: „Da liegt kein Segen drauf!“ Je älter sie wurde, und sie wurde 96 Jahre alt, desto stärker wurde ihr Gerechtigkeitssinn. „Wie kann man immer mehr hochrüsten, auf Abschreckung spekulieren und dabei die Gerechtigkeit außer Acht lassen?“ „Wie kann die industrialisierte und hochtechnologisch ausgestattete Welt die anderen zwei Drittel der Menschheit hungern lassen oder ausbeuten? Da liegt doch für uns kein Segen drauf!“ Ja, meine Großmutter hat auch meine Werte stark geprägt, Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Jesus war ihr Vorbild: „Was würde Jesus dazu sagen?“
II.
Es klingt so einfach, und verlangt doch eine Menge Mut, sich und sein Tun im Alltag stets von Jesus gespiegelt zu sehen. Dazu braucht es gar keine hohe Theologie, nur Mut, viel Mut und sich getragen wissen, dass auch im eigenen Scheitern kein Untergang droht. Ein Werk, ein Lebenswerk, das auf Jesus Christus gegründet ist, hat Bestand. Ich denke an Eltern, die in großer Sorge um ein Kind leben: Sie lieben das Kind, das von Anfang vielleicht die größten Schwierigkeiten hatte und deshalb vielleicht sogar besonders geliebt wurde. Das Kind mag scheitern. Zumindest sieht es so aus. Doch die Liebe scheitert nicht, niemals! „Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles“, so schreibt es ebenfalls der Apostel Paulus im Korintherbrief im 13.Kapitel. Und er sagt auch: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Wie gesagt: Es geht nicht um eine billige, alles beschönigende Liebe. Hier ist die Liebe, deren Grund Jesus Christus selber ist! Sie sieht den anderen Menschen, das Kind, den Partner, die Nachbarn, die Kolleginnen und Kollegen, ja auch den grässlichen unter ihnen, den neuen Mitbewohner meiner Stadt aus einem Land, das mir fremd erscheint, mit den Augen Christi. Da gibt es auch keine Lüge und keinen Selbstbetrug mehr.
„Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ Paulus betont das in seinem Brief, dem heutigen Predigtwort. Diesen Grund gelegt zu haben, geht allem menschlichen Handeln voraus. Denn Paulus schreibt ja an die Gemeinde in Korinth, in der durchaus verschiedene Strömungen um die Deutung der Auslegung Jesu kämpfen. Da gibt es den Apollos, der zuvor namentlich genannt wurde. Vielleicht ist er ganz anderer Auffassung in Gemeindedingen oder in Fragen des christlichen Lebenswandels als Paulus, der ja abwesend ist. Da gibt es dann Querelen und Deutungs-
hoheit. Und es geht um eine Vielfalt im Glauben. Paulus benutzt zunächst das Beispiel von einem Garten oder Ackerfeld, der vielfältig gepflegt und bepflanzt wurde. Dann, in unserem Abschnitt, spricht er von einem geistlichen Bau, der sogar zum Tempel Gottes wird, der unzerstörbar ist. Warum unzerstörbar? Nicht mal durch die bösesten menschlichen Sabo-
teure oder durch Unfähigkeit? Weil er auf dem Grund aufgebaut ist, der Jesus Christus ist.
III.
Paulus schreibt nicht im Einzelnen vor, wie das christliche Leben auszusehen hat. Aber über den Grund soll sich jeder in der christlichen Gemeinschaft klar sein: Wir stehen vor dem Angesicht Gottes mit unserem Tun, unser Spiegel ist: „Was würde Jesus dazu sagen?“ So kann der Segen gedeihen, der verheißen ist. Nicht messbar nach menschlichen, weltlichen Maßstäben. Was als Scheitern angesehen wird von Außenstehenden, kann den Segen Gottes in sich bewahren. Wie bei den Eltern, denen die Sorge um ihr geliebtes Kind das Wichtigste ist. Wie bei den Ehepartnern, die immer wieder nach einem tragfähigen Neubeginn suchen. Es kann die Ärztin oder der Notfallsanitäter sein, die um ein scheinbar aussichtsloses Leben ringen. Oder die Sozialarbeiterin in einem Gefängnis, die trotz aller Widerstände und Rückschläge an die Resozialisierung der Gefangenen glaubt.
„Denn wir sind Gottes Mitarbeiter“, schreibt Paulus. Zwar sind da zuerst die Gemeindeleiter gemeint, aber ich will an die Verantwortung im Alltag aller Christen und Christinnen erinnern. Und da kommt mir wieder Großmutters Küchentisch und ihr Brotmesser in den Sinn, das immer neben ihrem Platz lag. An ihrem langen Küchentisch waren alle willkommen: Gescheiterte und Suchende, zeitweise auch Hungernde, Kluge und weniger Kluge, Junge und Ältere. Für jeden schnitt sie das Brot und teilte es. Ohne viel Aufhebens. Auch in Zeiten, in denen das Brot immer dünner geschnitten werden musste. Dann wurde eben geteilt! Großmutters Küche erscheint mir aus heutiger Sicht heiliger als manche Kirche. Klar benannte sie auch, worauf kein Segen lag. Damit mussten die Betroffenen fertig werden. Aber niemand war abgeschrieben bei ihr oder ging hungrig fort. „Der Tempel Gottes ist heilig, der seid ihr“. Ob Paulus auch gerne bei meiner Großmutter eingekehrt wäre und sich eine Stärkung, eine Rückmeldung für seinen schweren Dienst geholt hätte? Ich glaube ja. „Da liegt Segen drauf“, hätte sie ihm auf seine Reise mitgegeben.
„Da liegt kein Segen drauf!“ Mit diesem alten Spruch buchstabiert die Predigerin „Segen“ am Beispiel ihrer Großmutter, ihrem großen Vorbild. Segen liegt auf allem, „was aus der Liebe entsteht“. Und aus Liebe hat sich die Großmutter über vieles empört, was in Politik, Wirtschaft und Kirche geschehen ist. Liebe gibt Mut, insbesondere eine Liebe, „deren Grund Jesus Christus selber ist“. Das hat auch der Apostel Paulus erfahren und seinen Adressaten zugemutet. Was sollen wir tun? Von der Grundlage der Liebe her sind wir aufgefordert zu tun, was dran ist. Darin sind wir „Gottes Mitarbeiter“, kreative Christen: „Segen kann gedeihn, wo wir alles teilen, schlimmen Schaden heilen, lieben und verzeihn“. Diese Predigt ist eine gute Auslegung des Liedes von Dieter Trautwein (EG 170).