Predigt

Umkehr zum Leben

Zurück zu dem Gott Israels, der sich dem Paulus von Tarsus durch Jesus Christus im hellen Licht offenbarte, ihn in die Krise stürzte und zur Umkehr bewegte

PredigttextApostelgeschichte 9,1-9(10-20)
Kirche / Ort:26721 Emden
Datum:14.08.2016
Kirchenjahr:12. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Dipl. Theol. Pfarrerin Christiane Borchers

Predigttext: Apostelgeschichte 9,1-9 (10-20) (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

Die Bekehrung des Saulus

Saulus aber schnaubte noch mit Drohen und Morden gegen die Jünger des Herrn und ging zum Hohenpriester und bat ihn um Briefe nach Damaskus an die Synagogen, damit er Anhänger des neuen Weges, Männer und Frauen, wenn er sie dort fände, gefesselt nach Jerusalem führe. Als er aber auf dem Wege war und in die Nähe von Damaskus kam, umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel; und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die sprach zu ihm:Saul, Saul, was verfolgst du mich? Er aber sprach:Herr, wer bist du? Der sprach:Ich bin Jesus, den du verfolgst. Steh auf und geh in die Stadt; da wird man dir sagen, was du tun sollst. Die Männer aber, die seine Gefährten waren, standen sprachlos da; denn sie hörten zwar die Stimme, aber sahen niemanden. Saulus aber richtete sich auf von der Erde; und als er seine Augen aufschlug, sah er nichts. Sie nahmen ihn aber bei der Hand und führten ihn nach Damaskus; und er konnte drei Tage nicht sehen und aß nicht und trank nicht.

Es war aber ein Jünger in Damaskus mit Namen Hananias; dem erschien der Herr und sprach:Hananias! Und er sprach:Hier bin ich, Herr. Der Herr sprach zu ihm:Steh auf und geh in die Straße, die die Gerade heißt, und frage in dem Haus des Judas nach einem Mann mit Namen Saulus von Tarsus. Denn siehe, er betet und hat in einer Erscheinung einen Mann gesehen mit Namen Hananias, der zu ihm hereinkam und die Hand auf ihn legte, damit er wieder sehend werde. Hananias aber antwortete:Herr, ich habe von vielen gehört über diesen Mann, wie viel Böses er deinen Heiligen in Jerusalem angetan hat; und hier hat er Vollmacht von den Hohenpriestern, alle gefangen zu nehmen, die deinen Namen anrufen. Doch der Herr sprach zu ihm:Geh nur hin; denn dieser ist mein auserwähltes Werkzeug, dass er meinen Namen trage vor Heiden und vor Könige und vor das Volk Israel. Ich will ihm zeigen, wie viel er leiden muss um meines Namens willen. Und Hananias ging hin und kam in das Haus und legte die Hände auf ihn und sprach:Lieber Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir auf dem Wege hierher erschienen ist, dass du wieder sehend und mit dem Heiligen Geist erfüllt werdest. Und sogleich fiel es von seinen Augen wie Schuppen und er wurde wieder sehend; und er stand auf, ließ sich taufen und nahm Speise zu sich und stärkte sich. Saulus blieb aber einige Tage bei den Jüngern in Damaskus. Und alsbald predigte er in den Synagogen von Jesus, dass dieser Gottes Sohn sei.

Exegetische und homiletische Vorüberlegungen

Trotz der Länge des Predigttextes einschließlich der Verse in den Klammern sollte der gesamte Bibelabschnitt berücksichtigt werden. Das Damaskuserlebnis und die anschließende Begegnung mit Hananias gehören inhaltlich zusammen. Es empfiehlt sich, den Predigttext in zwei Teilen zu lesen, entweder in der Predigt selbst oder den ersten Abschnitt als Schriftlesung. In Apg 9,1-9 hat Paulus die Erleuchtung, die ihn so stark trifft, dass er zu Boden fällt. In Apg 9,10-20 wird Saulus/Paulus zur Verkündigung des Evangeliums an Heiden und an Israel berufen. Die Bekehrung hat die Berufung zur Folge. Saulus/Paulus vollzieht den Weg von Tod und Auferstehung. Sein Leben wird neu ausgerichtet, zuvor bedarf es der Buße.

Die Wirkungsgeschichte der Perikope ist bestimmt durch Redewendungen, die Eingang in die deutsche Umgangssprache gefunden haben: „Damaskus-Erlebnis“ „Wie Schuppen von den Augen fallen“ „Vom Saulus zum Paulus werden“. Diese Formulierungen sind sprichwörtlich für eine radikale neue Erkenntnis und einen Sinneswandel geworden. Die Deutungen der Redewendungen bergen die Gefahr, die Perikope antijudaistisch zu interpretiertiern. Die Polarisierung: vor der Bekehrung: Saulus, Jude, Pharisäer, arrogant, und nach der Bekehrung: Paulus, Christ, Apostel, demütig, führt in die Irre und schürt den Antisemitismus. Saulus und Paulus sind keine zwei verschiedenen Namen.

Saulus ist die lateinisierte Form von dem hebräischen Scha’ul, Paulus ist der griechische Name. Saulus/Paulus ist und bleibt Jude. Als Jude verkündet er das Evangelium von Jesus Christus. Saulus/Paulus erfährt wohl eine Wandlung. Er schließt sich der christlichen Gemeinde an, lässt sich taufen, gehört jetzt zu denen, die er zuvor bekämpft hat. Saulus/Paulus, der es gewohnt ist, zu agieren, wird plötzlich lahm gelegt. Er liegt am Boden, kann nicht mehr sehen, er muss sich führen lassen, er muss geschehen lassen, was Gott, bzw. Jesus an ihm wirken. Er tut nichts, Gott alles. Sein Leben wird verwandelt, es bekommt eine neue Richtung. Der Missionsauftrag macht sein Leben nicht leichter. Ihm wird angekündigt, dass er um Jesu willen leiden wird. Saulus/Paulus nimmt seine Berufung an. Als aktiver Mann, der eifrig für seinen Glauben eintritt, nimmt er seine neue Aufgabe wahr.

Wenige Verse nach der Perikope lesen wir, dass er in der Synagoge das Evangelium predigt und dass diese Lehre auf harten Widerstand trifft. Die Lehre empfinden manche einflussreiche Juden als so anstößig, dass sie ihm nach dem Leben trachten. Heimlich wird Saulus/Paulus aus der Stadt gebracht. Da alle Stadttore bewacht werden, um ihn aufzustöbern, wird er nachts von einem Freund in einem Korb an der Stadtmauer herunter gelassen. Aus dem Verfolger ist ein Verfolgter geworden. Dennoch hält Saulus/Paulus an Jesus Christus fest. Hananias spielt eine wichtige Rolle in der Perikope. Ohne ihn wäre Saulus/Paulus nicht sehend geworden, im körperlichen und übertragenen Sinn. Die Handauflegung könnte als eine Art Ordination verstanden werden. Jesu Jünger sind beauftragt, zu taufen und die Gemeinde zu bauen, sie sind sogar beauftragt, Heilungen vorzunehmen (Mt 10,1).

Literatur: Ben-Chorin, Schalom, Paulus, Der Völkerapostel in jüdischer Sicht, 9. Aufl., München 1994.

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