Umwertung aller Werte
Was ist wichtig im Leben?
Predigttext: Philipper 3, 7-14 (Übersetzung nach Elberfelder Bibel)
7 Alles, was mir Gewinn war, das habe ich durch Christus als Verlust betrachtet. 8 Ja, ich halte das alles für wertlos im Vergleich zu der überragenden Erkenntnis Jesu Christi, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles wertlosgeworden, und ich betrachte es als Dreck, wenn ich nur Christus gewinne 9 und in ihm gefunden werde. Ich habe nicht meine eigene Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, sondern jene Gerechtigkeit durch den Glauben an Christus, die aus Gott kommt aufgrund des Glaubens. 10 Ihn–Jesus Christus –möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleich gestaltet werden, 11 damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten.12 Nicht, dass ich's schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin. 13 Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht so ein, dass ich's ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, 14 und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.
Vorüberlegungen zum Predigttext
In einer Gesellschaft, die stark an äußeren Zielen wie finanziellem Erfolg oder schönem Aussehen ausgerichtet ist, und wir uns dafür auch gerne mal unter Druck setzen lassen und darunter krank werden, z.B. Burnout oder Essstörungen, ist es wichtig, nach Werten im Leben zu fragen, die uns gut tun.
Das Wichtige im Leben
Was ist wirklich wichtig im Leben? Da gibt es viele Antworten darauf. Aber in einer Gesellschaft, in der wir über Facebook, Twitter und Instagram alle und jeden an unserem Leben scheinbar teilnehmen lassen können, scheint mir doch zunehmend das Oberflächliche immer wichtiger zu werden. Wie erfolgreich bin ich? Wie schön bin ich? Wie reich bin ich? Wie viele Freunde folgen mir? Aber: Was hat wirklich einen echten Wert? Es müssen ja nicht unbedingt materielle Wertgegenstände oder äußere Statussymbole sein. Vielleicht sind es die Erfahrungen, die man macht, wenn man in andere Kulturkreise reist. Oder die guten Freundschaften, die seit Jahrzehnten bestehen. Oder das Wissen, das man sich über die Jahre angehäuft hat. Oder die moralischen Werte, die man tapfer verteidigt. Was zählt in meinem Leben? Und was hat Bestand? Die nächste spannende Frage in diesem Zusammenhang ist, wie es kommt, dass sich die Maßstäbe im Leben eines Menschen verändern? Welche einschneidenden Erfahrungen bewirken, dass das ganze Leben plötzlich komplett neu bewertet wird? Einer, dem das passiert ist, ist der Apostel Paulus. Im Predigttext an die Philipper schreibt er:
(Lesung des Predigttextes in der Übersetzung der Elberfelder Bibel)
Von Saulus zu Paulus
Mit deutlichen Worten beschreibt Paulus seinen Wandel vom Saulus zum Paulus. „Das, was mir früher wichtig war, halte ich jetzt für wertlos, es ist ein Verlust.“ Paulus erzählt hier von seiner Vergangenheit als religiöser Eiferer Saulus, der zu den Pharisäern gehörte. Er achtete die jüdischen Gebote streng und verfolgte die ersten Christen geradezu fanatisch. Diese waren in seinen Augen eine Sekte, die Gott lästerte. Daher war er auch fest davon überzeugt, dass er Gott dienen würde, wenn er die Christen verfolgt. Paulus beschönigt beim Blick auf seine Vergangenheit nichts. Er selbst stellt sich seinen Taten. Ihm ist bewusst, dass er damals als Teil einer gesellschaftlich respektierten Elite gehandelt hat – aber er redet sich nicht damit heraus, sondern bekennt: Ich war auf dem Holzweg. Ich hab die falschen Ziele verfolgt. Er drückt es so aus: Das, was damals in meinem Leben wichtig war, ist in Wirklichkeit ein Schaden, ein Dreck.
Das sind harte Worte über einen großen und wesentlichen Teil seines Lebens. Wir müssen nicht als religiöse Fanatiker anderen gewaltsam unsere Überzeugungen aufzwingen, um auf dem Holzweg zu sein, sondern ich bin es durchaus auch, wenn ich spüre, dass die Art, wie ich meine beruflichen oder privaten Ziele verfolge, weder für meine Seele noch meinen Körper gesund sind. Denken wir an die immer größer werdende Zahl der unter Burnout leidenden Berufstätigen und an die vielen Jugendlichen, die, um einem bestimmten Schönheitsideal zu entsprechen, in essgestörtes Verhalten verfallen.
Begegnung
Was hat nun bei Paulus seine komplette Umkehr bewirkt? Die Begegnung mit Jesus selbst, dem Auferstandenen: Er war unterwegs nach Damaskus und wollte auch dort Christen festnehmen. Plötzlich sieht er ein helles Licht, und es wirft es ihn vom Pferd. Er hört Jesus selbst, der zu ihm spricht. Das Besondere an dieser Begegnung ist, dass Jesus ihm keine Vorwürfe macht. Nein, ihm begegnet mit Jesus Gottes Liebe. Und von da an prägt genau das sein Leben: Er lebt nun nicht mehr mit religiösem Fanatismus, der anderen die eigene Meinung aufdrängt, sondern getragen von der Liebe und der Gnade Gottes, die innere Freiheit schenkt und damit Möglichkeiten eröffnet. Er lebt nun nicht mehr mit Hass auf andere, sondern ist erfüllt mit der Liebe zu allen Mitmenschen. Er lebt nun nicht mehr mit dem inneren Zwang, vor Gott allein durch das Einhalten der Gebote Gerechtigkeit zu finden, sondern mit der befreienden Erkenntnis, Gottes Kind zu sein –ohne irgendeine Vorleistung.
Im Leiden gleich gestaltet werden
Saulus gibt seinem Leben eine neue Ausrichtung und will als Paulus Jesus Christus und das, wofür er steht, nun immer besser kennenlernen. Im Predigttext schreibt Paulus: Ihn – Jesus Christus – möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden spüren und so seinem Tode gleich gestaltet werden. Paulus geht es dabei nicht nur um Jesus, den heldenhaften Erlöser, der uns durch seine Auferstehung ein neues Leben bei Gott ermöglicht, sondern auch um die Gemeinschaft seiner Leiden. Für uns heißt das Geduld im Leiden, Ausdauer in den Zeiten, in denen es hart auf hart kommt. Das schenkt uns die Gewissheit, dass Gott ein mitfühlender Gott ist, der uns in unserem Leid nicht alleine lässt. Paulus hatte erkannt: Das Leiden Jesu am Kreuz ist das Leiden für mich. Das ist nicht leicht zu verstehen.
Am Kreuz nimmt Jesus meine Schuld und Sünde auf sich – und macht mich frei. Das bedeutet: Wenn ich mich nicht ständig damit beschäftigen muss, was ich alles falsch gemacht habe oder wo ich Schuld auf mich geladen habe oder wie sehr ich leide, kann ich mich befreit fühlen. Ich bin dann frei, mich für andere einzusetzen, und frei zu aufrichtiger Liebe. Ich bin sogar frei zum Leiden, wenn es sein soll. Paulus hat immer wieder schwere Zeiten erlebt: Not, Verfolgung, Konflikte. Und er hat trotzdem nicht aufgegeben. Auch wir dürfen – genau wie Paulus – Jesus Christus unseren Lebensweg anbefehlen.
Paulus erzählt von der Siegprämie, nach der er strebt: die Auferstehung von den Toten. Für uns moderne Menschen ist das eine seltsame Vorstellung. Paulus rechnete noch zu seinen Lebzeiten mit der Rückkehr Jesu und der damit verbundenen tatsächlichen Auferstehung. Ich denke, wir dürfen uns das heute so vorstellen, dass wir durch Jesus Christus die Zusage haben, dass das, was uns ausmacht, der innere Mensch, ein ewiges Leben bei Gott hat. Wir bekommen durch Jesus Christus ein neues Leben – hier auf Erden und bei Gott.
Durch die Art, wie das unserer Leben verändert, werden wir plötzlich auch ganz anders auf unser Umfeld wirken, und so wirkt Jesus Christus auch in die Leben unserer Mitmenschen hinein. Paulus beschreibt den Wertewandel in seinem Leben und ist dabei überzeugt: Das, was ich erlebt habe, kann jeder erleben: Jesus Christus kennen lernen und von ihm ergriffen werden. Ich muss nicht mehr krampfhaft irgendwelchen äußeren Lebenszielen nachjagen, die andere mir vorgeben oder die ich mir selbst gesetzt habe. Ich muss auch nicht mehr beweisen, was für ein toller Hecht ich bin, sondern ich darf aus der Liebe leben, die mir geschenkt wird. Ich darf diese Liebe annehmen, ich darf glauben, dass ich ein von Gott geliebtes Kind bin. Und das ist wirklich wichtig im Leben.
Mit der Frage, was wirklich wichtig ist im Leben, beginnt Pfarrerin Mager ihre sehr ansprechende und lebendige Predigt, die man gern hört. Dann kommt sie zum Hauptthema: Paulus war erst ein fanatischer , gesetzestreuer Jude und hat dann sein Leben total umgestellt. Für Historiker ist Paulus nach Jesus und Mohammed die drittwichtgste religiöse Person der Weltgeschichte. Der totale Wechsel erfolgte ja mit der Jesus-Offenbarung vor Damaskus. Es ist ein weltgeschichtliches Ereignis, ohne welches wir heute wohl keine Christen wären. Aber auch ohne diese Perspektive ist die Predigt besonders gelungen und aktuell.