Predigt

Versuchungen der Macht und Grenzüberschreitungen

Unrecht benennen

Predigttext2. Samuel 12.1-15 (mit homiletischer Einführung)
Kirche / Ort:27624 Geestlande-Köhlen
Datum:28.08.2022
Kirchenjahr:11. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Dipl.-Theol. Pfarrerin em. Christiane Borchers

Predigttext: 2. Samuel 12,1-15 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

1 Und der HERR sandte Nathan zu David. Als der zu ihm kam, sprach er zu ihm: Es waren zwei Männer in einer Stadt, der eine reich, der andere arm. 2 Der Reiche hatte sehr viele Schafe und Rinder; 3 aber der Arme hatte nichts als ein einziges kleines Schäflein, das er gekauft hatte. Und er nährte es, dass es groß wurde bei ihm zugleich mit seinen Kindern. Es aß von seinem Bissen und trank aus seinem Becher und schlief in seinem Schoß, und er hielt's wie eine Tochter. 4 Als aber zu dem reichen Mann ein Gast kam, brachte er's nicht über sich, von seinen Schafen und Rindern zu nehmen, um dem Gast etwas zuzurichten, der zu ihm gekommen war. Und er nahm das Schaf des armen Mannes und richtete es dem Mann zu, der zu ihm gekommen war. 5 Da geriet David in großen Zorn über den Mann und sprach zu Nathan: So wahr der HERR lebt: Der Mann ist ein Kind des Todes, der das getan hat! 6 Dazu soll er das Schaf vierfach bezahlen, weil er das getan und sein eigenes geschont hat. 7 Da sprach Nathan zu David: Du bist der Mann! So spricht der HERR, der Gott Israels: Ich habe dich zum König gesalbt über Israel und habe dich errettet aus der Hand Sauls 8 und habe dir deines Herrn Haus gegeben, dazu seine Frauen in deinen Schoß, und habe dir das Haus Israel und Juda gegeben; und ist das zu wenig, will ich noch dies und das dazutun. 9 Warum hast du denn das Wort des HERRN verachtet, dass du getan hast, was ihm missfiel? Uria, den Hetiter, hast du erschlagen mit dem Schwert, seine Frau hast du dir zur Frau genommen, ihn aber hast du umgebracht durch das Schwert der Ammoniter. 10 Nun, so soll von deinem Hause das Schwert nimmermehr lassen, weil du mich verachtet und die Frau Urias, des Hetiters, genommen hast, dass sie deine Frau sei. 11 So spricht der HERR: Siehe, ich will Unheil über dich kommen lassen aus deinem eigenen Hause und will deine Frauen nehmen vor deinen Augen und will sie deinem Nächsten geben, dass er bei deinen Frauen schlafen soll an der lichten Sonne. 12 Denn du hast's heimlich getan, ich aber will dies tun vor ganz Israel und im Licht der Sonne. 13 Da sprach David zu Nathan: Ich habe gesündigt gegen den HERRN. Nathan sprach zu David: So hat auch der HERR deine Sünde weggenommen; du wirst nicht sterben. 14 Aber weil du die Feinde des HERRN durch diese Sache zum Lästern gebracht hast, wird der Sohn, der dir geboren ist, des Todes sterben. 15 Und Nathan ging heim. Und der HERR schlug das Kind, das Urias Frau David geboren hatte, dass es todkrank wurde.

Homiletische Vorüberlegungen

Die Perikope von Natans Strafrede ist bekannt, was aber viele wahrscheinlich nicht mehr präsent im Gedächtnis haben, sind die Einzelheiten, wie David versucht, seine Taten zu vertuschen. Nachdem es ihm nicht gelungen ist, Uria ein Kuckuckskind unterzuschieben, ihn von der Front nach Hause zitiert, damit er sich zu seiner Frau Batseba legt. Uria weigert sich, schläft vor der Tür des Königshauses, wo alle Soldaten lagern (2. Sam 11,9). Nach missglücktem Versuch, sich reinzuwaschen, fädelt David ein, dass Uria den sicheren Tod an der Front finden muss: Er wird in den Kampf ohne Rückendeckung geschickt. Uria selbst überbringt den Brief, den König David seinem Feldherrn Joab übersendet, in dem steht, dass Joab Uria an die härtete Stelle an der Front kämpfen lassen soll ( 2. Sam 11,14ff). Hier treten die niedersten Beweggründe von König David zu Tage.

Der Prophet Natan bekommt den Auftrag von Gott, David seine Schuld vor Augen zu führen. Dazu gehört Mut, einem König einen Spiegel vorzuhalten. Es hätte ihm den Kopf kosten können. Natan ist ein kluger und mutiger Mann. Er nimmt den Auftrag Gottes an, geht zu David. Geschickt vermittelt er seine Botschaft über ein Gleichnis. David, ein König, der Gerechtigkeit übt, entbrennt im Zorn über das ungerechte Verhalten des reichen Mannes, der dem armen sein einziges Schaf wegnimmt. Die Geschichte kommt zum Höhepunkt, als Natan ihm sagt: Du bist der Mann.

Die Perikope ist spannend. Verschiedene Schwerpunkte könnten Thema einer Predigt sein: z.B. Der Mut eines Menschen, an der Macht sitzende Herrscher auf begangenes Unrecht zu behaften. Auf viel geringerer Ebene als bei Natan es der Fall war, fällt es schwer, Unrecht anzuprangern. In unserem demokratischen Staat wird niemand mit dem Tode bedroht. Wir können unsere Meinung unumwunden sagen und laut vertreten, viele tun es trotzdem nicht, wollen ihre Ruhe haben und schweigen still, wenn Menschenrechte verletzt werden. Viele halten sich zurück, z.B. in einer Gruppe, wenn die Mehrheit etwas anders meint. Der Mut Natans ist nicht hoch genug zu schätzen.

Es könnte auch ein besonderer Schwerpunkt sein, über die Art der Todesstrafe zu sprechen und Bezüge zu heute herzustellen. Die Steinigung ist immer noch nicht abgeschafft. Es gibt sie u.a. in folgenden Ländern: Afghanistan, die indonesische Provinz Aceh, Iran, Irak, Jemen, Nigeria, Pakistan, Somalia, Sudan, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, in Brunei wurde sie im Jahr 2014 wieder eingeführt (Quelle: de.m.wikipedia.org/wiki/Steinigung). Die Steinigung kann durch Rechtsurteil oder durch Lynchjustiz sofort vollzogen werden. Jesus selbst war mehrfach der Gefahr der Steinigung durch Lynchjustiz ausgesetzt (vgl. Joh 8,59, 10,31-39).

Über König David und seine Rollen und Verhaltensweisen könnte gesprochen werden. David, der Musiker, der die Harfe spielt und Gemüter beruhigt, David, der schöne Gedichte verfasst, der Hirte, der sich kümmert, David, der gutaussehende Mann, schön von Gestalt (vgl. 1. Sam 16,12), der die Herzen der Frauen höher schlagen lässt, David, der Machthaber, der es sich leisten kann, ungefragt Frauen zu sich zu nehmen. Als König besitzt er einen Harem. Die Größe seines Harems ist ein Hinweis auf die Größe seiner Macht. Die Anzahl der Frauen und Nebenfrauen im Harem sind Statussymbol. Wie viele Frauen David hatte, lässt sich nicht genau feststellen, es waren mindestens 8 Frauen und 10 Nebenfrauen (vgl. 2. Sam 15,16) wahrscheinlich noch mehr. Batseba ist die 8. Frau, nach dem Tod ihres ersten Sohnes mit David, gebiert sie den Salomo, der Gottes reichen Segen erfährt und Davids Thronnachfolger wird.

Die Namen der 8 Frauen sind:

Michal (1. Sam 18,27), Ahinoam , Abigail, Maacha, Haggit, Abital, Egla, Batseba (2. Sam 3,2ff). Batseba besteht aus zwei Worten: Bat und Seba,das bedeutet: Tochter der Fülle.

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