Predigt

Weihnachten 2023 - Gute Nachricht in viel Verzweiflung und Angst hinein

Auf der Suche nach einem „Heiland“, der uns aus der Not führt

PredigttextLukas 2,1-20 (mit Einführung)
Kirche / Ort:Hamburg
Datum:24.12.2022
Kirchenjahr:Christvesper
Autor:Pastor Christoph Kühne

Predigttext: Lukas 2,1-20 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

1 Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. 2 Und diese Schätzung[1] war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. 3 Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. 4 Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, 5 auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe[2]; die war schwanger. 6 Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. 7 Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. 8 Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. 9 Und des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. 10 Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11 denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. 12 Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. 13 Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: 14 Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens[3]. 15 Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. 16 Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. 17 Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. 18 Und alle, vor die es kam, wunderten sich über die Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. 19 Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. 20 Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

Erste Gedanken beim Lesen

Die Melodie der Geschichte trägt mich. Josef tritt auf. Er folgt der Aufforderung, sich in die Stadt seines „Hauses und Geschlechtes Davids“, nach Bethlehem, zu begeben. Fast nebenbei wird Maria erwähnt, sein „vertrautes Weib“, die schwanger war.

Die Zeit drängt. Maria bekommt „ihren ersten Sohn“. Sie legt ihn in eine Futterkrippe „in der Herberge“. Zeitgleich sind „in derselben Gegend“ Schafhirten. Es ist Nacht. „Der Engel des Herrn“ erscheint ihnen. Es ist eine lange Rede, die er den verängstigten Hirten hält. Schließlich erleben die Hirten „die Menge der himmlischen Heerscharen“. Der Himmel steht offen. Alles ist Lob und Ehre.

Die Angst ist von den Hirten abgefallen. Was sollen sie mit dieser Kunde anfangen? Bethlehem ist nicht groß. Sie werden sicherlich ein gewickeltes Kind in einer Futterkrippe finden! Die Suche dauert nicht lange. Sie finden die kleine Familie. Ihnen wird klar, was „der Engel des Herrn“ ihnen gesagt hat: Sie haben den Christus, hebr. den Messias, als gewickeltes Kind gefunden. Dass sich „alle“ Leute darüber „wundern“, kann man verstehen. Maria „behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen“. Ihr Kind muss etwas sehr besonderes sein! Aber auch die Hirten sind berührt von ihrem Erlebnis: Sie haben den Messias gesehen. Mit diesem Wissen „kehrten sie wieder um“, gingen nach Hause. Man wird in der Bibel von ihnen nichts mehr hören.

Am Ende seines Evangeliums erzählt Lukas von Menschen, die auch unterwegs sind (nach Emmaus). Auch sie haben eine besondere Begegnung. Auch sie werden umgehend aufbrechen und den Jüngern in Jerusalem erzählen, „was auf dem Wege geschehen war“ (Lk 24,32ff).

In einer drangvollen Zeit haben Menschen Begegnungen mit „Gott“, die sie auf den Weg bringen. Sie müssen weitersagen, dass der, auf den wir immer schon gehofft haben, der Messias, der Christus, zur Welt gekommen ist. Dass der Himmel offen ist, dass die Nacht nicht obsiegt. „Und es ward licht“ (Gn 1,3b). Eine neue Welt ist entstanden.

Anmerkungen zur Predigt

Die Geburt des HERRN Jesus ist ein Affront gegen den Kaiser, der der HERR der damaligen Welt ist. Lukas belegt seine Geschichte mit „historischen“ Fakten. Gleichwohl ist ein Zensus nirgends aufgeführt. Auch eine Aufforderung an die Menschen, sich zur Erhebung von Steuern zu ihrem Geburtsort zu verfügen, ist nicht belegt. Im Gegenteil: „Im jüdischen Denken steht das Zählen von Menschen in direktem Gegensatz zum göttlichen Willen“ (NT - jüdisch erklärt 122). Auch hier wird die Geburt Jesu als Protest gegen die weltliche Herrschaft erzählt. Historisch unhaltbar ist auch Quirinius, der als militärischer Statthalter eingesetzt war, „um den Aufstand der Homonadenser in Kilikien zu unterdrücken; der eigentliche Statthalter war der brutale Statthalter Varus. Josephus berichtet (…) von einem Provinzialzensus unter Quirinius im Jahr 6 n.C., nach dem Tod des Herodes“ (NT - jüdisch erklärt 122).

Jesus musste in Bethlehem, der „Stadt Davids“, geboren werden und nicht in dem unbedeutenden Nazareth, wo er wahrscheinlich zur Welt kam. Maria ist mit Joseph verlobt. Nach Lk 1,27 ist sie eine Jungfrau. Lk 2 spricht nicht mehr von einer „Jungfrau“. Auch von einem Namen für das Kind ist nicht die Rede. Der wird erst bei der Beschneidung genannt. Dafür wird er als HERR proklamiert, als der Christus, der Messias, auf den Israel gewartet hat, der gegen den HERRN in Rom, den Kaiser, geboren wird. Die Geburtsstelle Jesu ist ein Futtertrog. Dieser mag ein Sinnbild für Nahrung darstellen und bereits das letzte Abendmahl antizipieren. „Die Hirten“ sind in der Bibel positiv besetzt: Mose wie David waren Hirten.

Auf dem Feld haben die Hirten eine Erscheinung. Sie sollen in einen „Stall“ (nicht im Text!) gehen, wo sie ein Neugeborenes finden werden, das ihnen vom Engel als (griech.) sootaer (lat. salvator) vorgestellt wird. Im Iwrit - NT steht moschia, das jeschua sehr ähnlich ist. Der Name des Babys lautet also „Heiland“ bzw. „Retter“ Jesus. Diese Nachricht wird verstärkt von der „Menge der himmlischen Heerscharen“: Ehre gebührt nur Gott - und nicht dem Kaiser (!).

Die Hirten erzählen weiter, was sie (von den Engeln) gehört haben. Die Reaktion: Verwunderung bei den Leuten. Dieses Wort gebraucht bei den Synoptikern am meisten Lukas (13 Mal). „Verwunderung“ finden wir auch oft nach den Wundertaten Jesu. „In den Berichten der Synoptiker gibt thaumazoo den Eindruck wieder, den die Menschen von der Heilungstätigkeit und Wundermacht Jesu empfangen“ (Theol. Begriffslexikon zum NT 1445). „Jesus redet als einer, der alle sonst gültigen Maßstäbe außer Kraft setzt“ (Theol. Begriffslexikon zum NT 1446).

Die Reaktion der Mutter Jesu: Sie be-hält alle diese Worte der Hirten (lat. conservare). syntaereoo findet sich nur hier bei Lukas. Andere Schriften des NT verwenden es z.B. für das Halten der Gebote. Symballousa (lat. conferens) - nur hier im NT - bedeutet: etwas im Geist zusammenstellen, sich zusammenreimen, begreifen, verstehen.

Die Hirten kehren „nach Hause“ zurück. Dabei ehren (doxa, lat. Gloria) und rühmen sie Gott - wie die Engel (V 13f).

Literatur

Bibel in gerechter Sprache 4. Aufl. 2020. - Das neue Testament jüdisch erklärt 2021. - Schalom Ben-Chorin, Bruder Jesus 14. Aufl. 1977. - Theologisches Begriffslexikon zum NT 3. Aufl. 1972. - W. Gemoll, Schul- und Handwörterbuch 8. Auflage 1962. - Jerusalemer Bibel 6. Auflage 1974.

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