„Weihrauch der Sehnsucht…“
Jeder Mensch braucht seinen Leitstern, der ihn weiterbringt
Predigttext: 2.Korinther (3,18-4,1-2)4,3-6 (Übersetzung nach Martin Luther, Rev. 1984)
3 Ist nun aber unser Evangelium verdeckt, so ist's denen verdeckt, die verloren werden,
4 den Ungläubigen, denen der Gott dieser Welt den Sinn verblendet hat, dass sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi, welcher ist das Ebenbild Gottes.
5 Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass er der Herr ist, wir aber eure Knechte um Jesu willen.
6 Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.
(Übersetzung von Ulrich Wilckens 1970/1977)
Wenn aber unsere Heilsbotschaft trotzdem verhüllt bleibt, so sind es die Verlorenen, denen sie verhüllt ist, die Ungläubigen, in denen der Gott dieser Weltzeit, (der böse Feind), die Sinne verblendet hat, dass sie den strahlenden Glanz nicht schauen, der ausgeht von der Heilsbotschaft der Herrlichkeit Christi, „der da ist das Bild Gottes“. Denn nicht uns – vielmehr Christus Jesus verkündigen wir als den Herrn, uns selbst dagegen als eure Diener um Jesu willen. Denn Gott, der (bei der Erschaffung der Welt) gesagt hat: “Aus der Finsternis leuchte das Licht hervor“, - der hat es in unseren Herzen Licht werden lassen, um die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi zum Strahlen zu bringen.
Lieder
„Wißt ihr noch“ (EG 52)
„Jesus ist kommen“ (EG 66)
„Kommt“ (EG 39)
„Auf, Seele“ (EG 73)
(Vorbemerkung: Die Predigt baut eine Brücke vom Epiphanias-Evangelium Matthäus 2,1-12 zum Predigttext 2.Korinther (3,17-4,1-2)4,3-6.)
„Jakobs Stern ist aufgegangen, stillt das sehnliche Verlangen…” – eine Sehnsuchtsgeschichte ist sie, eine wunderbare: Die Erzählung von den Weisen aus dem Morgenland. Magier waren es, Sterndeuter, Astrologen, kosmische Zeichen am Himmel wussten sie zu deuten. So haben sie den Stern entdeckt, den Messiasstern des neugeborenen Königs der Juden, und den Weg nach Bethlehem gefunden. Von weit her haben sie sich auf den Weg gemacht, um Ihm nahe zu sein. Lange, sehr lange, waren sie unterwegs. Sie haben gesucht, gefunden und angebetet. Diese Geschichte spricht zu unseren Herzen. Unmittelbar können wir uns mit ihr identifizieren. Warum? Weil wir selber unterwegs sind, wir alle, von einem Jahr zum andern ein Leben lang. Wie jene Weisen sind wir voller Sehnsucht, Spannung und Unsicherheit unterwegs, wir spüren das gerade an der Schwelle eines neuen Jahres, auch wir brauchen unseren Leitstern, der uns weiterbringt, näher bringt, „näher, mein Gott zu dir“. Reisende sind wir wie jene durch einen Stern geleiteten Sucher, wir sind unterwegs voll Sehnsucht nach der Nähe Gottes. „Gott nahe zu sein, ist mein Glück“, sagt unsere Jahreslosung für 2014. Diese von fern her Suchenden, das sind wir selbst. Der katholische Theologe Karl Rahner hat dieses Gefühl so umschrieben:
Ein neues Jahr hat begonnen.
Auch in diesem Jahr ziehen alle Wege
vom Morgenland zum Abendland
durch die Wüsten des Lebens
endlos an Vergänglichkeit vorbei.
Aber man kann auf ihnen
die selige Reise
der Pilgerschaft
zum Absoluten machen,
die Reise zu Gott.
Brich auf, mein Herz, und wandre!
Es leuchtet der Stern.
Viel kannst du nicht mitnehmen auf dem Weg.
Und viel geht dir unterwegs verloren.
Lass es fahren.
Gott der Liebe,
Weihrauch der Sehnsucht,
Myrrhen der Schmerzen
hast du ja bei dir.
Er wird sie annehmen.
Und wir werden finden.
Das ist wunderbar. Leicht wird uns ums Herz, getragen von dieser Gnade gehen wir unbeschwert in die Ungewissheit und Gefahren des Neuen Jahres. „Stern über Bethlehem, wir sind am Ziel“. Das lässt uns still und dankbar werden. Jetzt, da wir uns mit den königlichen Weisen aus dem Morgenland in Ehrfurcht beugen vor dem neu geborenen König – und es spüren: Dieser König, Jesus, Gottes Sohn, gibt uns selbst die Würde von Königskindern. Seine Geburt als Mensch in unserer Mitte ist die Lichtquelle ewigen Hoffnung für uns alle, für jeden Menschen dieser Erde, seine Geburt ist der Neuanfang für die ganze Menschheit; nichts ist verloren für uns, alles ist gewonnen, seitdem und weil Er bei uns ist; in seiner Geburt liegt die Quelle unserer eigenen Neugeburt zu Kindern des lebendigen Gottes.
So viel Licht, so viel Freude , eine so hohe Würde liegt in diesem Fest Epiphanias, dem ältesten Weihnachtsfest, das die Erscheinung der Herrlichkeit Gottes feiert in der Geburt des Sohnes Gottes als unser Bruder hier bei uns auf Erden. Mit den Weisen aus dem Morgenland stehen wir vor dem Wunder seiner Geburt, wir beten ihn an, wir schauen ihn voll Freude an. Was widerfährt uns, wenn wir Jesus anschauen? Wir sehen, wer er ist: Er ist das Ebenbild Gottes, das wieder hell und rein aufleuchtet in all dem Dunkel dieser Welt. Darum diese Fülle von wunderbarem Licht an Weihnachten und Epiphanias. Dieses Aufleuchten ist die Herrlichkeit des Messias, des neu geborenen Königs, die Weisen haben ihn gesucht und gefunden. Was wird mit uns selbst, wenn wir ihn so entdecken, Jesus als das Licht der Welt und Gottes Ebenbild? Wir werden selbst von diesem Licht der Herrlichkeit erleuchtet, dieses Licht durchdringt und verändert uns. So haben wir es gesungen, in Worten aus Taizé, mit unserer Kantorei im Adventskonzert droben in der Stadtkirche, mit allen, die zuhörten:
„Christus, dein Licht, verklärt unsre Schatten, lass nicht zu, dass das Dunkel zu uns spricht; Christus, dein Licht erstrahlt auf der Erde, und du sagst uns: Ihr selbst seid das Licht!“ Wie gut dass das kein Traum ist, sondern Wirklichkeit in der Nähe Jesu! Er verändert uns, vielleicht nicht auf einmal, aber immer mehr, Schritt für Schritt in seiner Nähe, bis wir in jenem Leben vor seinem Angesicht vollendet sein werden. Als die mit solcher Hoffnung Beschenkten sind wir berufen, dieses Licht weiter zu schenken, durch unsere Güte und Zuwendung zu den Menschen neben uns, in der Nähe und in der Ferne, mit unserem Sein und Handeln, mit unserem Reden und Schweigen. Damit stehen wir mitten in unserem heutigen Predigttext zu Epiphanias 2014, dessen Kernaussagen ich soeben bereits umschrieben habe. Paulus, im Zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth, bezieht die ganze Gemeinde in die apostolische Verantwortung für die Weitergabe des Lichtes Christi ein, in dieses hohe Amt der Evangelisation.
(Lesung des Predigttextes)
Was sollen nun wir dazu sagen? Haben wir gespürt und begriffen, wie das alles uns selbst angeht, wir, als Gemeinde Jesu, für Gottes Evangelium voll mitverantwortlich sind? Ein Ausleger hat diese Sicht so formuliert: „Wer mit dem Licht umgeht, wird von vielen gesehen. Er soll wissen, dass man seine Worte auch an dem misst, was vor Augen ist. Meine Unlauterkeit, meine Eitelkeit kann Menschen daran hindern, dem Licht zu vertrauen, das ich ihnen bringen will. Werden wir Christen vielleicht selber denen zum Verhängnis, die auf Hilfe hoffen? Kann Gott das wollen? – „Du sprichst: Licht soll aus der Dunkelheit hervorleuchten. Verwandle doch auch unsre Dunkelheiten. Erhelle, was trübe und unrein ist. Schaffe deiner Botschaft Raum – mit uns oder gegen uns“ (aus: Heinz Grosch, An Deiner Hand, Kleines Stundenbuch für alle Tage, S. 32).