“Weil Gott in tiefster Nacht erschienen…”
Kann uns die wärmende Gegenwart Gottes erreichen?
Predigttext: Jesaja 9,1 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision)
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.
(Kurzpredigt)
Endlich ist es da – das Fest der unzähligen Lichter! Lichterketten, wo hin man schaut, Sterne in den Fenstern, Kerzen auf allen Tannen und Tännchen, dazu weihnachtliche Musik, wohin man hört, Glöckchen und Glocken, Pauken und Trompeten, das „Jauchzet frohlocket“ aus dem Weihnachtsoratorium und – wenn’s sein muss – sogar „Last Christmas I gave You my heart“.
Nichts darf fehlen! Kein Plätzchenduft, kein Rascheln von Geschenkpapier, der Weihnachtsmann genauso wenig, der ja eigentlich der Nikolaus ist, Engelchen, Rentiere, Schlitten und beleuchtete Päckchen. Und ich bin mir sicher: Wir alle – auch Sie/Ihr und ich – haben uns wieder einmal mächtig ins Zeug gelegt, dass das Weihnachtsfest wieder genau so schön wird, wie es immer war.
Aber in diesem Jahr leuchten uns die Lichter matter als sonst. Das Glitzern der Lichterketten macht uns nicht so froh wie sonst, genauso wenig wie die Weihnachtshits im Radio und das Festessen auf dem Tisch. So wirklich hell will es nicht werden. Vor allen Dingen nicht in uns drin. In unseren Herzen.
Wir seufzen. Ja, viele sind regelrecht traurig. Das zweite Weihnachtsfest in der Coronapandemie! Wir hatten doch so sehr gehofft, dass es in diesem Jahr besser und einfacher würde als im letzten. Aber immer noch und schon wieder werden wir gebeten und gezwungen, unsere Kontakte zu beschränken. Denn die Inzidenzzahlen sind fast doppelt so hoch wie in 2020. Seit dem letzten Weihnachtsfest sind allein in Deutschland 107.000 Menschen an Corona gestorben – 8½ Millionen auf der ganzen Welt.
Nein, es ist kein Weihnachtsfest wie alle anderen – lichterfüllt, fröhlich, sorgenfrei und glücklich. Die Pandemie liegt auf uns wie ein dunkler Schatten. Kann es denn da überhaupt Weihnachten werden? Kann uns denn die Liebe Gottes und seine wärmende Gegenwart überhaupt erreichen?
Ja, natürlich erreicht uns Gottes Liebe! Gerade jetzt. Gerade in diesem dunklen Schatten der Pandemie und in all dem Leid, das durch sie über uns gekommen ist.
Der Evangelist Lukas erzählt uns die Weihnachtsgeschichte – wir haben sie vorhin aus dem Munde unserer Krippenspielkinder gehört, gespielt von Playmobil-Figürchen. Und ich frage:
Wurde Jesus in einem reich geschmückten Palast geboren? Unter dem Schein von Lichterketten und unzähligen Kerzen?
Nein, er wurde in einem einfachen Stall geboren. Umgeben von Dunkelheit, Kälte und dem Dunst von Stalltieren.
Wurde Jesus als Sohn von Adligen, von Reichen oder von Privilegierten geboren?
Nein, er war der Sohn einer jungen Frau und eines einfachen Handwerkers, die ausgerechnet dann auf eine Reise gezwungen wurden, als Jesus geboren werden sollte.
Wer erfuhr als erstes davon, dass der Retter der Welt, der von Gott Gesandte, geboren worden war?
Diejenigen, die in kostbaren Sesseln an festlich gedeckten Tischen gesessen und Festessen genossen haben?
Nein, die Botschaft der Engel erreichte zuerst die, die im Dunkeln saßen. Die Hirten, die Unerwünschten, die „ungeliebten Typen. Die im Dunkeln saßen, die haben das Licht als Erste gesehen.
„Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.“ (Jesaja 9,1) Diese Worte des Propheten Jesaja sind vielen von uns vertraut und gehören für uns zur weihnachtlichen Botschaft dazu. Aber in diesem Jahr sollten wir sie einmal mit ganz anderen Ohren hören: mit den Ohren derer, die sie in diesem Jahr nötiger brauchen denn je:
Ihr Berufstätigen, die ihr pendelt zwischen Büro und Homeoffice, die ihr Kurzarbeit leisten oder Hygienevorschriften durchsetzen oder auf Materiallieferungen warten müsst, und die Ihr manchmal einfach keine Kraft mehr habt: Über Euch scheint das große Licht der Kraft Gottes! Ihr seid nicht allein!
Ihr Eltern, die Ihr nun schon seit so vielen Monaten Eure Kinder zuhause betreuen, sie beschäftigen und wie oft Lehrer und Lehrerinnen ersetzen müssen, und die Ihr einfach erschöpft seid: Über Euch scheint das große Licht der Stärke Gottes! Ihr seid nicht allein!
Ihr Menschen in den Altersheimen, Ihr Kranken in den Kliniken, die Ihr heute abend alleine auf Euren Zimmern sitzt, Ihr Menschen in Euren einsamen Wohnungen, weil Kontakte kaum oder nur eingeschränkt möglich ist: Über Euch scheint das große Licht der Liebe Gottes! Ihr seid nicht allein!
Ihr Kinder, die Ihr Euer Lächeln und Euer Lachen hinter Masken verbergen müsst, die Ihr Eure Freunde vermisst, Eure Großeltern, Onkels und Tanten: Über Euch scheint das große Licht der Geborgenheit Gottes! Ihr seid nicht allein!
Weil Gott in tiefster Nacht erschienen, kann unsre Nacht nicht traurig sein! – Bist du der eignen Rätsel müd? Es kommt, der alles kennt und sieht! – Nimm an des Christus Freundlichkeit, trag seinen Frieden in die Zeit! – Weil Gott in tiefster Nacht erschienen, kann unsre Nacht nicht endlos sein! (Text und Melodie: Dieter Trautwein 1963)
Diese Nacht wird nicht endlos sein. Auch die Coronanacht nicht. Und wenn wir die Liebe Gottes annehmen und einander weitergeben, in echter, unverfälschter Liebe, dann brauchen wir keine unzähligen Lichter, strahlenden Paläste und keine überbordenden Feste. Der Stern von Bethlehem reicht aus. Er scheint heute über uns und in unsere Herzen. Und gerade weil es zur Zeit so dunkel um uns ist, sehen wir ihn auch am allerbesten – wie die Hirten auf dem Feld. Und die Botschaft des Engels gilt uns allen mehr denn je: Fürchtet Euch nicht!
Bei diesem zweiten Corona-Weihnachten mit der Sorge um eine Omikron- Seuche ist es besonders schwer, sich Frohe Weihnachten ehrlich zu wünschen. Pfarrerin Zager übergeht das in ihrer Predigt nicht, aber predigt dann konzentriert und prägnant von den schwierigen Umständen bei Jesu Geburt im Stall von Bethlehem . Dann spricht sie vom Licht Gottes über der Hütte in Bethlehem und für uns heute. Wir sind nicht allein. Uns erscheint Gottes Licht und verbreitet Wärme und Geborgenheit und Erleuchtung bei den Christen. Auch die Corona-Seuche wird ein Ende haben In unseren Herzen leuchtet uns das Licht Gottes und verkündigt uns heute: Fürchtet Euch nicht !- Der bleibende Eindruck zum Schluß ist bei jeder Predigt das Wichtigste. Am Ende dieser konzentrierten hoffnungsvollen und warmherzigen Predigt kann man getrost Weihnachten feiern und allen “Frohe Weihnachten” wünschen ! Also wünsche ich Frohe Weihnachten Ihnen und allen Lesern !