Predigt

Wie im Himmel so auf Erden

Advent - Perspektivwechsel

PredigttextOffenbarung 5,1-5(6-14)
Kirche / Ort:St. Martinskirche / Spenge
Datum:03.12.2017
Kirchenjahr:1. Sonntag im Advent
Autor:Pfarrerin Brigitte Janssens

Predigttext: Offenbarung 5, 1-5 (6-14) (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

1 Und ich sah in der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß, ein Buch, beschrieben innen und außen, versiegelt mit sieben Siegeln. 2 Und ich sah einen starken Engel, der rief mit großer Stimme: Wer ist würdig, das Buch aufzutun und seine Siegel zu brechen? 3 Und niemand, weder im Himmel noch auf Erden noch unter der Erde, konnte das Buch auftun noch es sehen. 4 Und ich weinte sehr, weil niemand für würdig befunden wurde, das Buch aufzutun und hineinzusehen. 5 Und einer von den Ältesten spricht zu mir: Weine nicht! Siehe, es hat überwunden der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids, aufzutun das Buch und seine sieben Siegel.

6 Und ich sah mitten zwischen dem Thron und den vier Wesen und mitten unter den Ältesten ein Lamm stehen, wie geschlachtet; es hatte sieben Hörner und sieben Augen, das sind die sieben Geister Gottes, gesandt in alle Lande. 7 Und es kam und nahm das Buch aus der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß. 8 Und als es das Buch nahm, da fielen die vier Wesen und die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem Lamm, und ein jeder hatte eine Harfe und goldene Schalen voll Räucherwerk, das sind die Gebete der Heiligen, 9 und sie sangen ein neues Lied: Du bist würdig, zu nehmen das Buch und aufzutun seine Siegel; denn du bist geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erkauft aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen 10 und hast sie unserm Gott zu einem Königreich und zu Priestern gemacht, und sie werden herrschen auf Erden. 11 Und ich sah, und ich hörte eine Stimme vieler Engel um den Thron und um die Wesen und um die Ältesten her, und ihre Zahl war zehntausendmal zehntausend und vieltausendmal tausend; 12 die sprachen mit großer Stimme: Das Lamm, das geschlachtet ist, ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob. 13 Und jedes Geschöpf, das im Himmel ist und auf Erden und unter der Erde und auf dem Meer und alles, was darin ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm sei Lob und Ehre und Preis und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! 14 Und die vier Wesen sprachen: Amen! Und die Ältesten fielen nieder und beteten an.

Exegetisch-homiletische Vorüberlegungen zum Predigttext

Ein Buch mit sieben Siegeln wird der Predigttext bleiben, wenn jedes einzelne der zahlreichen Bilder interpretiert und verstanden sein soll. So faszinierend - mal erschreckend, mal wohltuend - sie beim Hören nachwirken, so schwer lässt sich in ihnen die Adventsbotschaft zu Beginn eines neuen Kirchenjahres entdecken: dass unser Warten ein Ziel hat, dass unsere Hoffnung berechtigt ist und dass wir guten Grund haben, voller Zuversicht unsere Gegenwart und die Zeit, die vor uns liegt, zu leben und zu gestalten.

Dies gelingt jedoch, wenn die Perikope als Teil ihres Gesamtzusammenhanges verstanden und gepredigt wird: Als „Trostbuch“ will die Apokalypse verstanden sein. Der Predigttext ist Ausschnitt der großartigen Thronsaalvision (Offb. 4, 1 – 5, 14), die dem Seher Johannes zuteil wird. Zunächst nur als Zuschauer, als Zeitgenosse einer leidvollen Gegenwart in dieser Welt, wird er Zeuge, dass und wie Gott seine Macht über unsere Welt gestalten will und wird. Die versiegelte Rolle, die er in seiner Hand hält, ist zwar durch die 7 Siegel verschlossen, enthält aber außen eine kurze Zusammenfassung ihres Inhaltes.

Zwei Themen lassen sich erahnen: Gottes Richterspruch und sein Heilsplan für diese Welt. Doch niemand kann das Buch öffnen. Johannes kommen die Tränen. Angesichts solch menschlicher Verzweiflung kommt es im himmlischen Thronsaal zu einem radikalen Perspektivwechsel. Nicht die Akteure auf der Bühne des himmlischen Thronsaals stehen nun im Mittelpunkt, sondern der zuvor eher unbeteiligte Zuschauer: seine Tränen, seine Not, seine Sehnsucht nach Rat und Hilfe, mit der er stellvertretend für die Menschen in den bedrängten Situationen aller Zeiten steht. Er wird gesehen, er wird gehört, er wird getröstet, und er wird getrost. Denn an die Lage der Menschen in einer leidvollen Gegenwart knüpft Gott mit seinem Richterspruch und mit seinem Heilsplan an, wenn er Ungerechtigkeit und Gewalt verurteilt, aber die Wiederkunft des befreienden Löwen und erlösenden Lammes Jesus Christus, des zukünftigen Weltenherrschers verheißt.

Eine tröstende und hoffnungsvolle Adventsbotschaft, die dazu ermutigt, die Zwischenzeit beherzt und gesegnet zu gestalten.

Literatur: Reinhard Ellsel, Segen in den Gezeiten des Lebens, Kawohl-Verlag. - Anselm Friederich, 1.Sonntag im Advent. Zum Gottesdienst, in: Gottesdienstpraxis. 4. Perikopenreihe Bd. 1., Gütersloh 1999, S. 11ff

Lieder: "Wo bleibst du Trost der ganzen Welt" (EG 7, 4) "Die Nacht ist vorgedrungen" (EG 16) "Seht, die gute Zeit ist nah" (EG 18)

Neuigkeiten

Aus den Quellen schöpfen

Die mit exegetischen Impulsen, Gebeten und einem Essay zu "Exegese und Homiletik" verbundenen Auslegungen wissen sich in einer weltweiten Communio, die "aus den Quellen des Heils" schöpft (Jesaja 12,3)... mehr lesen

Herzlich willkommen!

Neuauftritt Heidelberger Predigt-Forum mehr lesen

Alle Neuigkeiten lesen

Spenden

Die Nutzung des Heidelberger Predigt-Forums ist kostenlos. Das Redaktionsteam arbeitet ehrenamtlich. Kosten entstehen für Hosting sowie professionelle Websitepflege. Durch Ihren Obolus helfen Sie uns bei der Finanzierung.

Überweisung jetzt per paypal und flattr möglich.
Vielen Dank.
Heinz Janssen
Heidelberger Predigt-Forum