“Wir sehnen uns in dein Licht…”

Was macht einen im Glauben an Jesus Christus so gewiss?

Predigttext: 1. Korinther 15,1-11 (mit Einführung und Hinweis zur Gottesdienstgestaltung)
Kirche / Ort: 79268 Bötzingen / a. Kaiserstuhl
Datum: 09.04.2023
Kirchenjahr: Ostersonntag
Autor/in: Pfarrerin Susanne Best

Predigttext: 1.Korinther 15, 1-11 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

Das Zeugnis von der Auferweckung Christi1 Ich erinnere euch aber, Brüder und Schwestern, an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht, 2 durch das ihr auch selig werdet, wenn ihr’s so festhaltet, wie ich es euch verkündigt habe; es sei denn, dass ihr’s umsonst geglaubt hättet. 3 Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; 4 und dass er begraben worden ist; und dass er auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift; 5 und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen. 6 Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen. 7 Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln. 8 Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden. 9 Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, dass ich ein Apostel heiße, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe. 10 Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist. 11 Ob nun ich oder jene: So predigen wir, und so habt ihr geglaubt.

Exegetische Vorüberlegungen

Das 15. Kapitel im 1. Korintherbrief ist der Auferstehung und Auferweckung Jesu Christi gewidmet. Paulus wendet sich darin an Christen, die in einer Welt der griechischen Philosophen lebten. Den Griechen war die Vorstellung einer leiblichen Auferstehung fremd (vgl. Plato in Phaidon und die Abschiedsworte des Sokrates). Sie glaubten an die Unsterblichkeit der Seele.

Paulus jedoch betont: Die Auferweckung Christi und die Auferstehung der Toten sind unverzichtbar, wenngleich sie rational nicht gefasst werden können. Dafür rekurriert er zunächst an den Verstand seiner Leser/Innen, wenn er die Erinnerung appelliert (Vers 1), ans Festhalten dessen, was man bereits erkannt hat (Vers 2a) und dass man sich ja nicht getäuscht haben möchte in seiner Entscheidung (Vers 2b). Und: er gibt ja auch nur weiter, was er selbst empfangen hat, nämlich ein vermutlich aus damaliger Zeit bereits gefestigtes (Tauf-)Bekenntnis: „dass Christus gestorben ist…, dass er begraben worden ist und dass er auferstanden ist nach der Schrift.“ (Verse 3b-4).

Auffällig daran ist, dass im Gegensatz zum Apostolikum auch das Begräbnis extra benannt ist, vermutlich um deutlich zu machen, dass Jesus sein Schicksal mit vielen anderen, die inzwischen leider auch schon gestorben sind, teilt. Die Erwähnung des Begräbnisses solidarisiert ihn mit den bereits Verstorbenen von den 500 Zeitzeugen. Auffällig ist auch, dass dabei der Schriftbezug „nach der Schrift“ fehlt im Gegensatz zum Schriftbezug zu Jesaja 55,12 bezüglich des stellvertretenden Sühnetodes und Hosea 6,2 bezüglich der Auferstehung

Ideen zur Gestaltung

  • „Kette“ der Auferstehungszeugen bildlich darstellen mit

Vgl. bspw.: https://www.helpster.de/kette-selber-basteln-anleitung-fuer-eine-papierkette_27071

Lied nach der Predigt

„Wir schauen der Wahrheit ins Auge, sehnen uns in dein Licht. Wir halten dort aus durch Gnade, denn du verlässt uns nicht….“ Albert Frey (NL91)

 

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Wir feiern Ostern! Wann wird es für Sie Ostern? Wenn Sie an einem Osterstrauß bunte Ostereier aufhängen? Wenn Sie Ostereier färben? Wenn die Osterfeiertage anbrechen und man ein paar Tage frei hat? Wenn die Verwandtschaft zu Besuch kommt? Wenn Kinder Osternestchen im Garten suchen? Anders gefragt: Ist es schon Ostern für Sie geworden? Für den Pharisäer und Juden Paulus wurde es vermutlich erst Jahre nach dem eigentlichen ersten Ostergeschehen Ostern. Der Auferstandene hatte sich ja der Überlieferung der Evangelien gemäß zunächst den Frauen gezeigt, dann den Jüngern in unterschiedlichen Szenen.  Und Paulus?

„Ostererfahrungen“

Das Buch der sogenannten „Apostelgeschichte“ erzählt: Ostern wurde es für Paulus, als er auf der Straße nach Damaskus unterwegs war, Jahre später! Der griechisch gebildete Jude und Pharisäer war gerade im Auftrag der Hohenpriester unterwegs und hatte sich zu seiner Sicherheit Empfehlungsschreiben besorgt, dass er auch zweifelsfrei autorisiert war, Anhänger dieses „neuen Weges“ festnehmen zu dürfen. Höchst motiviert war er, dieser neuen Sekte von Anhängern Jesu Christi den Garaus zu machen. Und dann war da plötzlich der Himmel offen. Es hat ihn vom Pferd gehauen und auf den Boden gelegt. In der Nähe von Damaskus „umleuchtete“ ihn urplötzlich ein Licht (Apg.9,3) Er hört eine Stimme sagen: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“ und weiter: „Ich bin Jesus, den du verfolgst!“ (Apg.9, 4f). Das war seine Bekehrungsgeschichte, das Lichtereignis, das ihn umgehauen hat und ihn erst einmal nicht nur erblassen, nein sogar erblinden ließ: drei Tage lang! Drei Tage lang wusste er überhaupt nicht mehr, was er denken sollte und wo es weiter lang ging, war ganz bestimmt bis in die Grundfesten verunsichert. Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, ihm gingen die Augen auf, er wurde sehend. Er erkannte, was viele andere vor ihm Tage, Wochen, Monate oder gar Jahre zuvor schon erkannt hatten: „Jesus Christus ist Gottes Sohn!“ (Apg.1,20)

Das mit dem Jesus, das ist doch das Richtige! Ich habe seine Anhänger zwar lange Zeit auf den Tod hin verfolgt, die Menschen, die diesem Jesus nachgerannt sind, aber jetzt merke ich: da ist doch was dran – das ist nichts als die reine Wahrheit: Jesus Christus ist Gottes Sohn. Er ist tatsächlich auferstanden! Im Brief an die Römer kann er dann bekennen: „Ich sage die Wahrheit in Christus und lüge nicht, wie mir mein Gewissen bezeugt im heiligen Geist!“ (Röm.9, 1) So konnte er von nun an weitergeben, was er selbst als bereits festgelegte Formel überliefert bekommen hatte: Dass Jesus für unsere Sünden gestorben ist, begraben wurde und am dritten Tage auferstanden (1.Kor.15, 3f.).

Die Kette der Zeugen

Und wie ein Nachklapp wirkt es, wenn er dann aufzählt, wer den Auferstandenen alles gesehen hat: Kephas, alias Simon Petrus, die Zwölf Jünger, dann fünfhundert Brüdern aufs Mal, danach Jesu Bruder Jakobus und alle Aposteln und zuletzt auch er, Paulus, als er noch ein Saulus war, ein Verfolger der Christen.  (evtl. zur Illustration „Papierkette“ erstellen)

Es gab Zeiten, da hat mich diese Aufzählung beindruckt. Sooo viele! Zeitzeugen. Da kann man doch nichts Negatives mehr dazu sagen, oder? Jetzt denke ich: Wird etwas wahrer dadurch, dass viele Menschen etwas behaupten? Und: was ist mit den Frauen, die zuerst am leeren Grab waren? Und: War es wirklich Petrus, der den Auferstandenen zuerst gesehen hat? Die Evangelien wissen da Anderes zu berichten.

Aber: Kommt es denn darauf an, ob es nun Petrus oder die Frauen waren, die zuerst das leere Grab entdeckt haben und dem Auferstandenen begegnet sind? Braucht es einen (doppelten) Durchschlag mit Beglaubigung, Siegel und Unterschrift? Anders gefragt:

Gewissheit im Glauben

Was macht einen im Glauben an Jesus Christus so gewiss? Paulus hat da im ersten Brief an die Korinther verschiedene Antworten darauf. Er schreibt zunächst:

  • Erinnert euch! Erinnert euch an das Evangelium. Erinnert euch an die frohe Botschaft. Erinnert euch daran, was ihr schon mal als Wahrheit erkannt habt!
  • Erinnert euch, dass ihr euch mal dafür entschieden habt!
  • Haltet fest, was euch wichtig geworden ist! Lasst nicht locker!
  • (es sei denn, ihr hättet euch damals in allem getäuscht…!)
  • Hört die Wolke der Zeugen

Es sind viele Tipps, die Paulus den Korinthern gibt, um sich ihres Glaubens gewiss zu bleiben. Aber dann kommt urplötzlich, aus tiefstem Herzen etwas ganz anderes, wenn Paulus schreibt: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin!“ (1. Kor.15,10b)

Ich frage noch einmal: Was macht einen im Glauben so gewiss? Nicht allein die Erinnerung. Nicht das Festhalten. Nicht die Entscheidung dafür. Es ist Gnade. Gottes Gnade, dass ich (Christ) bin! Und worin besteht diese Gnade? Schauen wir auf die Geschichte, die Überlieferung, die Tradition. Von der Geschichte von Paulus haben wir bereits gehört. Und wie war das damals, bei den Jüngern? Was haben sie erlebt? Da sind die Ostererzählungen:

  1. Die Frauen. Maria Magdala, die den Jüngern verkündigt: „Ich habe den Herrn gesehen!“ (Joh.20, 18) Jesus hat sich ihnen gezeigt.
  2. Da ist Thomas, der die Fingermale Jesu berühren durfte (Joh.20, 27)
  3. Da sind die Jünger, die wieder fischen waren am See Tiberias. Am Morgen, als sie gerade vom Fischen zurückkamen, stand Jesus am Ufer – wie damals bei ihrer Berufung. Er schickte sie wieder zurück und riet ihnen, die Netze auf der rechten Seite auszuwerfen, woraufhin ihnen eine Unmenge an Fischen ins Netz gingen. Da gingen „dem Jünger, den Jesus liebhatte“ die Augen auf und er bekannte: „Es ist er Herr!“ (Joh.21, 7)
  4. Da sind die Emmausjünger, die nicht bemerkt haben, wie Jesus neben ihnen herläuft. Aber beim Essen, beim Abendmahl, „da wurden ihnen die Augen geöffnet und sie erkannten ihn“ (Lk. 24,31) und „er verschwand vor ihnen.“
  5. Bei Paulus war es auch nur eine kurze Episode, in der Nähe von Damaskus, im heutigen Syrien, da wurde er umnachtet – da war es mit ihm geschehen. Aber: dieses Geschehen hat ihn umgekrempelt, hat ihm eine ganz neue Ausrichtung gegeben. Seine Stoßrichtung wurde eine kategorisch andere. Er selbst bekennt (Apg.22,4: „Ich habe die neue Lehre verfolgt bis in den Tod.“ „Ich gab meine Stimme dazu, wenn sie getötet werden sollten. Ich zwang sie zur Lästerung, wütete maßlos gegen sie und verfolgte sie auch in fremde Städte.“ (Apg. 26,10f.)

Tradition und eigene Erfahrung als Quellen der Theophanie

Und wie ist das heute mit der Gottesoffenbarung? Dass sich mir der Himmel öffnet, dass ich eine Gotteserfahrung mache, dass mir der lebendige Jesus Christus begegnet, ist ein Geschenk- damals wie heute. Das kann ich mir weder kaufen noch verdienen. Ich kann weder was dafür noch was dagegen. Ein Wunder. Das widerfährt mir. Und wenn dem so ist, dann gilt es, es festzuhalten.

Die biblischen Texte genauso wie auch die evangelische Theologie wissen um das Besondere und Einzigartige einer göttlich-­‐menschlichen Begegnung. Jede Gottesbegegnung ist Gnade. Es ist Gnade, dass Menschen die Wirklichkeit des Glaubens an die Auferstehung Jesu Christi erfahren. Es ist Gnade, wenn sich bei der morgendlichen Stille vor Gott der Himmel öffnet und es ist, als ob man die Stimme Gottes hört, wenn man sich an die Zusage Gottes an seinen geliebten Sohn erinnert, wo es heißt: „Du bist mein geliebtes Kind. An dir habe ich Wohlgefallen!“ Es ist Gnade, wenn eine Frau mir gegenüber kürzlich bekennt: „In mir trage ich den tiefen Glauben, dass in den schrecklichsten Zeiten Gott mit mir gelitten und geweint hat!“ Es ist Gnade, wenn ein Kind aus vollem Halse singt: „Weil ich Jesu Schäflein bin freu ich mich nur immerhin über meinen guten Hirten, der mich wohl weiß zu bewirten, der mich liebet, der mich kennt und bei meinem Namen nennt.“ Es ist Gnade, wenn ein betagter Mensch sich nichts sehnlicher wünscht, als von seinem Herrgott „geholt“ zu werden und nicht einfach nur sterben möchte!

Es kommt mir so vor, als wenn Gott nicht mit Gnade spart. Denn es sind nicht nur die ersten Zeuginnen und Zeugen mit ihr beschenkt worden. Nicht nur ihnen war es vergönnt, in die Wirklichkeit des Glaubens an die Auferstehung Einsicht zu nehmen – auch heutzutage geschieht das immer wieder!

Und ich bin überzeugt: es braucht beides: die Wolke der Zeugen, die Tradition, das Glaubensbekenntnis, das man spricht, ohne sich unter den Zwang zu stellen, jede Formulierung als die eigene zu empfinden. Und: es braucht andererseits die eigene Erfahrung der Gegenwart Gottes. Sei es im Gebet. Sei es als Gebetserhörung. Sei es als offener Himmel. Sei es, dass es einen im Lobpreis emotional umhaut und man denkt: Wow- so groß ist Gott! Das kann ja jetzt wohl nicht wahr sein!? Und man aus voller Kehle mitsingt: „Großer Gott, wir loben dich!“

Paulus hat am eigenen Leib gespürt: Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Und: er wurde zu einem weiteren Glied an der Kette der Zeugen. Es braucht Tradition und es braucht die Gnade der eigenen Erfahrung. Beides muss sich miteinander verbinden! Dann gilt es, dass wir unsererseits zu Gliedern einer Kette werden, an die sich andere wieder anbinden können und dann ihrerseits die Osterbotschaft vom Sieg des Lebens über den Tod weitergeben. Was für eine Tradition! Was für ein Glaube! Was für eine Kette von Zeugen! Gelobt sei Gott, dem Vater unseren Herrn Jesus Christus!

 

 

 

Ideen zur Gestaltung:

  • „Kette“ der Auferstehungszeugen bildlich darstellen mit

Vgl. bspw.: https://www.helpster.de/kette-selber-basteln-anleitung-fuer-eine-papierkette_27071

 

Lied nach der Predigt: „Wir schauen der Wahrheit ins Auge, sehnen uns in dein Licht. Wir halten dort aus durch Gnade, denn du verlässt uns nicht….“ Albert Frey (NL91)

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Ein Kommentar zu ““Wir sehnen uns in dein Licht…”

  1. Pastor i.R. Heinz Rußmann

    Wann wird es für uns Ostern ? Der Apostel Paulus erlebte die Auferstehung Jesu beim Damaskus-Erlebnis als er als Christenfeind und -Verfolger unterwegs war.Dem Petrus , Jakobus und den 12 Aposteln ist Jesus schon vorher erschienen und auch fünfhundert Brüdern und Schwestern im Glauben. Vorher noch ist er ganz früher den Frauen am leeren Grab erschienen. Paulus fordert uns auf, den Zeugen zu vertrauen und auch auf eigene Auferstehungs-Erlebnisse Christi bei zu uns vertrauen. – So ist Christus mir mal erschienen:
    Als ich 1964 Bundeswehrsoldat war drohte ein Ost-West-Krieg während der Kuba-Krise. Wir wurden vergattert gegen DDR Bürger zu kämpfen und scharfe Waffen wurden verteilt und wir wurden vereidigt. Es war das schrecklichste Erlebnis damals in meinem Leben. Ich hatte zudem Vorfahren und Verwandte in Mecklenburg . Sehr intensiv habe ich zu meinem Jesus gebetet und er half uns allen. !

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