Predigt

„Wo bleibst du Trost der ganzen Welt …"

Hoffnung auf Gottes Zuspruch contra Covid

Predigttext1. Mose / Genesis 18,1-2.9-15 (mit Hinführung zur Predigt)
Kirche / Ort:74834 Elztal – Dallau
Datum:20.12.2020
Kirchenjahr:4. Sonntag im Advent
Autor:Pfarrerin i. R. Birgit Lallathin

Predigttext: 1. Mose/ Genesis/Bereschit, 1. Mose 18,1-2 .9-15 (Übersetzung nach Martin Luther, Revison 2017)

1 Und der Herr erschien Abraham im Hain Mamre, während er an der Tür seines Zeltes saß, als der Tag am heißesten war. 2 Und als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Tür seines Zeltes und neigte sich zur Erde.

9 Da sprachen sie zu ihm: Wo ist Sara, deine Frau? Er antwortete: Drinnen im Zelt. 10 Da sprach er: Ich will wieder zu dir kommen übers Jahr, siehe, dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben. Da hörte Sara hinter ihm, hinter der Tür des Zeltes. 11 Und sie waren beide, Abraham und Sara, alt und hochbetagt, so dass es Sara nicht mehr ging nach der Frauen Weise. 12 Darum lachte sie bei sich selbst und sprach: Nun ich alt bin, soll ich noch der Liebe pflegen, und mein Herr ist auch alt. 13 Da sprach der Herr zu Abraham: Warum lacht Sara und spricht: Meinst du, dass es wahr sei, dass ich noch gebären werde, die ich doch alt bin? 14 Sollte dem Herrn etwas unmöglich sein? Um diese Zeit will ich wieder zu dir kommen über’s Jahr, dann soll Sara einen Sohn haben. 15 Da leugnete Sara und sprach: Ich habe nicht gelacht-, denn sie fürchtete sich. Aber er sprach: Es ist nicht so, du hast gelacht.

Hinführung zur Predigt

Der empfohlene Predigttext führt weit zurück in die tradierten Geschichten um die Vorväter und -mütter Israels, das Warten auf die Erfüllung der Verheißung (Gen 12,1 -3), Ahnherr und -frau eines großen Geschlechts zu sein und die vielfältigen „Gefährdungen der Ahnfrau“ (Gen12,10 – 20, Gen 26,7 -11 etc). Gottes Wort ist treu, wenn auch mehr oder weniger geduldig erwartet. Alte theologische Schulen sprachen von „Prüfungen“.

Bemerkenswert an der vorliegenden Perikope Genesis 18, 1-2, 9 -15) ist das zweimalige Wortspiel: Die Namensätiologie „Yichak“, was frei übersetzt: Er hat gelacht , („Gott hat gelacht“?, „Gott hat zum Lachen gebracht“?) oder auch „der Lacher“ heißen könnte. Nur in den Ahnvätererzählungen erscheint dieser Name im Tenach. Möglicherweise ist Gen 21,6 die erste und ursprüngliche Tradition „Gott hat mir ein Lachen zugerichtet“ (Übersetzung nach Luther), die den singulären Namen zu erklären versucht. Dann wäre die hier breiter ausgelegte Fassung von Saras Lachen eine ausführlichere und spätere Erklärung.

Sara bedeutet „Fürstin“. Der Name erinnert an die herausgehobene Stellung der Frau Abrahams. In der Predigt ist es der Verfasserin wichtig, mit der Wortbedeutung auch den Wandel in der Entwicklung Saras hervorzuheben. Wenn Gott sie anredet, wenn sie ihre Würde zurückerhält, zeigt sie sich befreit. Sie wird wieder eine Fürstin! Nur als Anekdote sei angemerkt, welche Dummheit die Nationalsozialisten begingen, als sie 1938 allen Frauen jüdischer Herkunft den Zwangsnamen „Sara“ beilegten. Sie machten damit aus den gedemütigten Frauen Fürstinnen!

Problem: Wer spricht? Bereits die frühen Theologen diskutieren den erzählten Rahmen vom Besuch dreier! Männer bei Abraham und Sara, und der monotheistischen Rede des Einen Gottes, der vor Ahnherr und Ahnfrau seine Verheißung ausspricht, bzw erneuert. Die ganze Diskussion soll hier nicht erörtert werden. Angemerkt sei lediglich, dass seit den Kirchenvätern diese Textstelle als Beweis für die Trinität Gottes angesehen wurde. Der auffällige Wechsel zwischen Dreien und Einem ist so auffällig, dass sie bereits in der jüdischen Redaktion gewollt erscheint. Welchen Ertrag allerdings hätte eine Diskussion darüber in der Predigt? Gelehrte Rede, ja, aber soll nicht Hoffnung und Trost heute vermittelt werden? Welchen Unterschied macht es hier, ob Gott Einer oder Drei in Einem ist? Er ist derjenige, der Worte der Befreiung für Abraham und Sara ausspricht. Das genügt!

In der orthodoxen Welt ist die Diskussion um die Dreifaltigkeit in Gen 18 von enormer Bedeutung. Eine ganz eigene typologisch – allegorische Deutung ist wesentlich. Es hätte natürlich einen besonderen Reiz, die wunderschöne und theologisch wie kunstgeschichtlich äußerst bedeutsame Dreifaltigkeits-Ikone von Rubljow (1425, Moskau) in die Predigt einzubeziehen. Doch leider führte dies vom Thema der von der Verfasserin dargelegten Predigt fort. Schade, aber eine Predigt ist kein religionsgeschichtlicher Vortrag.

Es ist wohl den langjährigen Bemühungen von Frauen: Predigerinnen, Pfarrerinnen, feministischen Theologinnen zu verdanken, dass einer der Kerntexte der feministischen Theologie, Genesis,1.Mose 18,1-2, 9-15 in die regelmäßige Perikopenreihe aufgenommen wurde. Sehr erfreulich! Aber warum wurde die Verheißung des Sohnes für Abraham und Sara zum Predigttext des 4. Advent aufgenommen? Problemdarstellung: Der Sohn der Verheißung ist Isaak, als Lohn langer Treue für den Ahnvater Abraham. Im Advent aber wartet die Gemeinde auf das Kommen Christi, den Sohn Gottes selbst.

Zur Erklärung könnte dienlich sein, den Evangeliumstext des Sonntags zu betrachten: Lk 1, 26 – 38, (39 – 56): Die Verheißung an Maria. In der sehr ausführlichen Textstelle wird jedoch auch Elisabeth, der biblische Tradition nach eine Cousine Marias, und ihre Geschichte thematisiert. Wie Sara ist auch Elisabeth bis ins hohe Alter ohne Kind und Erben. Nach jüdischer Tradition das Schlimmste, was einer Frau geschehen kann: Eine verlassene, eine „Aguna“, deren Mann sich jederzeit von ihr trennen kann und sie in tiefe soziale Not stürzen lässt. Maria und auch Elisabeth jubeln über die verheißene Geburt: Lukas, 1,47: „Denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen…“ Die Wortwahl „Niedrigkeit“ lässt in der jüdischen Tradition eher die sozial deklassierte (Ehe-)Frau ohne Kind anklingen, als an das junge Mädchen, die junge Frau Maria! Auch die Auswahl aus dem Psalm des Sonntags, Psalm 102, 13,14, 18, 20-23 (Psalm 102, der sogenannte fünfte Bußpsalm) drückt es aus: Vers 18: Er (Gott) wendet sich zum Gebet der Verlassenen und verschmäht ihr Gebet nicht.

Die Weisheit der Perikopenreform lässt also annehmen, dass das Thema des 4. Advents eine frauenspezifische Sicht zulässt. Allerdings ist es auffällig, dass all die genannten Texte aus ihren Zusammenhängen gestückelt wiedergegeben werden (Genesis und Psalm) bzw aus theologisch ganz verschiedenen Versatzstücken zu fast unliturgischer Leselänge gestreckt wurden. Sei’s drum!

Festzuhalten für die Predigt zum 4. Advent ist also, sich auf die Person der Sara zu konzentrieren, weniger auf das Problem, des möglichen Missverständnisses, wer als Sohn der Verheißung denn überhaupt gemeint sei: Jesus oder Isaak? Prediger und Prediger sollten sich hüten, das Predigtwort aus dem 1. Testament vorschnell christologisch zu deuten!

Dennoch darf der Hörer, die Hörerin erwarten, dass das eigene Warten auf Weihnachten, auf Jesus Christus, Erwähnung findet. In diesem Jahr besonders darf auch die aktuelle Situation um die Pandemie, Sorge um die Gesundheit, die Erschütterung von Gewissheiten, dass nichts mehr so sein wird, wie gewohnt, vielleicht nie wieder sein wird, das Problem von Einsamkeit und der Bedarf an Trost, Eingang in die Predigt finden. Die Verfasserin ist der Überzeugung, dass die Predigt Hoffnung vermitteln muss, Glaubensgewissheit zu teilen hat und das Leben der Hörerinnen und Hörer ernst genommen wird.

Diese Überlegungen ließen die Verfasserin sich entschließen, (wieder einmal) eine teils narrative Predigt zu versuchen. Damit soll erreicht werden, dass gerade Frauen in der Lebensmitte und darüber hinaus, sich von der Verwandlung der niedergedrückten, deprimierten, gedemütigten Frau des Abraham in die „Fürstin“ Sara überzeugen zu lassen. Vielleicht als Vorbild für einen eigenen Wandel in Zeiten großen Unsicherheit. Gott hat uns angesehen, darum werden wir angesehene Personen! Gott meint uns! mit seiner Verheißung, Wert und Würde zu besitzen. Wir sind es wert!

Der kontextuelle Spagat dabei ist nicht zu übersehen: Sara ist keine Frau von heute. Vorsicht in Sprache und Gestaltung ist angebracht. Konzentrieren wir uns auf einen Punkt: Genau wie Sara damals habe auch „ich“ heute Würde!

So wird aus der Anrede an Sara eine Befreiungsgeschichte. Die Verfasserin entschied sich, Sara und Abraham wie ein Beispielpaar darzustellen, das auch eine Beziehungskrise durchlebt. Sie finden wieder zueinander, als Sara sich nicht mehr als gedemütigt erlebt, dass sie ein vollwertiger Mensch und nicht nur (unfähige) Gebärerin eines Sohnes und Erben ist. An dieser Stelle sei erwähnt, dass bis heute im streng orthodoxen Judentum der Hauptzweck einer Ehe darin besteht, dass die Frau Kinder zur Welt bringt. Kinder sind der sichtbare Segen Gottes. Bleibt er aus, bedeutet das eine Katastrophe Aktuell in der Netflix-Serie „Unorthodox“ nach dem autobiographischen Bericht von Deborah Feldmann hervorragend verfilmt. (Zitat: „Wir müssen die sechs Millionen Ermordeter ersetzen.“) Die Protagonistin befreit sich aus diesem Zwang.

Wochenspruch

Freuet euch in dem Herrn allewege! Und abermals sage ich euch: Freuet euch! Phil 4, 4. 5b

Lieder

"O Heiland, reiß die Himmel auf" (EG 7) "Tochter Zion" (13) "Gott sei Dank" (14)

Englische Carols zeigen mit mehr Leichtigkeit die Erwartung der Adventszeit. Sie sind theologisch nicht so drückend schwer wie viele deutsche Adventslieder. Erwähnt sei hier : „O come, o come, Emmanuel“ evtl als solistischer Vortrag, da das Singen coronabedingt nicht erlaubt sein wird.

Gebet

(In Zeiten von „Corona“ ist es wichtig, sich zu besinnen, womit wir selbst beschenkt sind und was anderen fehlt. Um die Perspektive zurecht zu rücken ein schon klassisch zu nennendes Gebet):

Ich bin reich Herr, an allem, was ich zum Leben brauche. Ich gedenke aller, die im Elend leben. Ich habe keinen Mangel an Kleidern. Ich gedenke aller Frierenden und aller Ungeschützten. Ich habe Schuhe an den Füßen und gedenke aller nackten Füße auf den Straßen und im Staub dieser Welt. Ich bin gesund und habe einen Arzt. Ich gedenke der Kranken und aller, die sterben müssen, weil niemand ihnen hilft. Ich lebe im Frieden und gedenke aller, die zertreten und zerrissen werden durch die Maschine des Krieges. Ich stehe vor dir als dein Kind. All derer gedenke ich, die verzweifeln, weil sie dich nicht kennen, dich, den Vater aller Menschen. (Jörg Zink)

Segen

Gott, der Lebendige, der Ursprung und Vollender allen Lebens, segne dich, gebe dir Gedeihen und Wachstum, Gelingen deinen Hoffnungen, Frucht deiner Mühe. Er behüte dich vor allem Argen. Gott lasse sein Angesicht über dir leuchten, wie die Sonne über der Erde das Erstarrte wärmt und löst und das Lebendige weckt in allen Dingen. Er sei dir gnädig, wenn du schuldig bist. Er löse dich von allem Bösen und mache dich frei. Gott hebe sein Angesicht auf dich. Er schaue dich freundlich an. Er sehe dein Leid und höre deine Stimme, er heile und tröste dich. Und gebe dir Frieden, das Wohl des Leibes, Wohl und Heil der Seele, Liebe und Glück und führe dich an dein Ziel. Amen. Das heißt: So will es der lebendige Gott, so steht es fest nach seinem Willen, für dich. (Jörg Zink nach Num 6,24-26)

Neuigkeiten

Aus den Quellen schöpfen

Die mit exegetischen Impulsen, Gebeten und einem Essay zu "Exegese und Homiletik" verbundenen Auslegungen wissen sich in einer weltweiten Communio, die "aus den Quellen des Heils" schöpft (Jesaja 12,3)... mehr lesen

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Heinz Janssen
Heidelberger Predigt-Forum