Predigt

Zuspruch und Anspruch

Manchmal wird man nicht so einfach sagen können, wie christliches Handeln aussehen sollte - Jesus traut uns viel zu

PredigttextEpheser 5,8b-14
Kirche / Ort:68542 Heddesheim
Datum:25.07.2010
Kirchenjahr:8. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pfarrer Dr. Herbert Anzinger

Predigttext: Epheser 5,8b-14 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

8 Lebt als Kinder des Lichts; 9 die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. 10 Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, 11 und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. 12 Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. 13 Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird; 14 denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.

Vorbemerkungen

Die Perikope entstammt dem zweiten Teil des Epheserbriefs (Kap. 4-6), in dem es um die ethische Orientierung von Christen im Unterschied zu ihrem bisherigen heidnischen Lebenswandel geht. Der neue Status wird markiert durch die Taufe. Im Rückblick erscheint dieses (vermeintliche) Leben davor vielmehr als Tod, der durch die Taufe und die Eingliederung in den Christusleib, überwunden ist. Gott hat uns „die wir tot waren in den Sünden, mit Christus lebendig gemacht – aus Gnade seid ihr selig geworden – ; und er hat uns mit auferweckt und mit eingesetzt im Himmel in Christus Jesus“ (Eph 2,5f). Das scheint sehr dualistisch gedacht und damit an der Wirklichkeit vorbei zu gehen. Auch der nähere Kontext unserer Perikope bringt diesen dualistischen Ansatz in der metaphorischen Gegenüberstellung von Finsternis und Licht zum Ausdruck. Eph 5,3-7 schildert, wie Menschen sind und handeln, die Christus noch nicht kennengelernt haben: Bei ihnen regieren Unzucht, Unreinheit und Habgier. Damit sollen Christen nichts zu schaffen haben, ja sie sollen nicht einmal darüber reden. Denn die Gegenwart der Christen ist durch die Sphäre des Lichts geprägt (Eph 5,8b-14). Ihnen wird bestätigt, dass sie „Licht“ sind gemäß dem Zuspruch Jesu in der Bergpredigt (Mt 5,14), und sie werden dazu aufgefordert, sich entsprechend als „Kinder des Lichts“ zu verhalten. Wie der Lichtcharakter des Christenlebens vorzustellen ist, wird in drei Begriffen präzisiert: „Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit“ (Eph 5,9). Das „Gutsein“, wie hier nach Meinung von Rudolf Schnackenburg besser anstatt „Güte“ zu übersetzen ist, „richtet sich auf die Grundhaltung des vom Licht des Herrn ergriffenen Menschen: Er will das Gute, Gottgemäße tun“ (EKK X, 228f). „Gerechtigkeit“ äußert sich in der Gemeinschaftstreue, insbesondere in der Solidarität mit Schwächeren, während „Wahrheit“ das Offenbarwerden der guten Ordnungen Gottes und das Festhalten an ihr meint. Worin sich das jeweils konkretisiert, ist zu prüfen. Hier und am Ende der Perikope zeigt sich meines Erachtens, dass der Autor des Epheserbriefs sein dualistisches Schema nicht ungebrochen durchhält. Denn ein Aufruf zum Prüfen macht nur dann Sinn, wenn Schwarz und Weiß im wirklichen Leben nicht säuberlich getrennt sind, wenn sich Christen (wie andere Menschen auch) in einer Grauzone befinden, in der es sich zu entscheiden gilt für oder gegen das, was Licht in die Finsternis bringt. Wer sich daran hält, was „dem Herrn wohlgefällig“ ist, wird das Licht verstärken und damit automatisch die Finsternis vertreiben. Licht hat aufklärerische Funktion. Es macht offenbar, was gut und böse ist. Bestätigt finde ich diese Analyse durch das abschließende Zitat eines urchristlichen Liedes: „Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten“ (Eph 5,14). Denn obwohl zuvor das „Totsein“ auf die vor- und außerchristliche Existenz bezogen war, richtet sich hier die Aufforderung, von den Toten aufzustehen, eben doch auch an Christen. Auch sie sind nicht einfach und nur immer „Licht“, sondern bleiben der Finsternis, dem Totenreich und dem Schlaf – alles Metaphern, die ein Sein außerhalb der Licht-Sphäre Jesu zum Ausdruck bringen wollen – verhaftet. Auch Christen bedürfen immer wieder neu der Orientierung. So weit so gut. Aber was bedeutet das nun für eine Predigt heute? Zunächst einmal werde ich mich hüten, die Finsternis-Licht-Metaphorik als Unterscheidungskriterien für die Einteilung von Menschen zu benutzen. Wir Christen haben auch eine finstere Seite, die nicht einfach mit der Taufe inexistent geworden ist. Angesicht der Bankenkrise (Stichwort: Habgier) und der bekannt gewordenen Missbrauchsfälle (Stichwort: Unzucht) ist die Versuchung groß, hier eine negative Folie aufzuziehen, vor der sich das rechte Handeln klar darstellen lässt. Aber das würde die Gedanken vermutlich eher wieder in die Richtung lenken: Was gibt es doch für böse Menschen, und wie gut, dass ich damit nichts zu tun habe. Ich möchte deshalb zweitens der Perikopeneinteilung auch insofern folgen, als ich den Lasterkatalog ausblende und von dem rede, was es bedeutet, Licht im Sinne Jesu zu sein – anhand einiger konkreter Situationen, von denen ich annehme, dass jeder sie nachvollziehen kann.

Neuigkeiten

Heinz Janssen: Aus den Quellen schöpfen

Die mit exegetischen Impulsen, Gebeten und einem Essay zu "Exegese und Homiletik" verbundenen Auslegungen wissen sich in einer weltweiten Communio, die "aus den Quellen des Heils" schöpft (Jesaja 12,3)...

Nachruf CHRISTOPH KÜHNE

Alle Neuigkeiten lesen

Spenden

Die Nutzung des Heidelberger Predigt-Forums ist kostenlos. Das Redaktionsteam arbeitet ehrenamtlich. Kosten entstehen für Hosting sowie professionelle Websitepflege. Durch Ihren Obolus helfen Sie uns bei der Finanzierung.

Überweisung jetzt per paypal und flattr möglich.
Vielen Dank.
Heinz Janssen
Heidelberger Predigt-Forum