GOTTES WORT UND MENSCHENWORT – ein Buchhinweis von Christoph Kühne, Hamburg

„Gottes Wort und Menschenwort. Lesen – Hören – Weiter sagen“ (AV Akademiker Verlag, Saarbrücken 2012, ISBN 978-3-8416-0315-9,382 Seiten, s. Cover unter “Buchempfehlung”), der Titel macht neugierig auf die Compliance von Gottes und Menschenwort. Wie vertragen sich beide? Der Untertitel  zeigt  eine Richtung  an. Ohne den menschlichen Transport bleibt das Wort  Gottes  auf  der  Strecke?  Hat  es  keine  eigene  Mächtigkeit? Wie  können  unsere menschlichen Wörter  dem Wort Gottes dienen?  Durch  Lesen  und  (Zu-)  Hören!  Das  steht schon  in  der Bibel: Römer 10,  17! Und  genau  dieses  intensive Lesen  / Hören  der  biblischen Texte  praktiziert der Autor Heinz  Janssen (Herausgeber und  Schriftleiter des Heidelberger Predigt-Forums).  Es  sind  Textauslegungen,  Bibelstudien, Meditationen  des einen Wortes Gottes (entstanden am Schreibtisch oder auch  in der S-Bahn) für alle, „die beruflich und ehrenamtlich im Dienst der kirchlichen Verkündigung tätig sind, und all  (die),  die  ihre  Erwartung  an  die Bibel  haben“  (aus  dem Vorwort). Aber  sie  sollen  ihre eigenen Wörter finden können für sich und ihre Zuhörer.cAuch der besseren Lesbarkeit halber verlegt der Autor exegetisch- kommentatorische  und  parochiale  Feinheiten,  interessante „Fachdiskurse“ (auch  z. B. zu  Hirnforschung oder Mobbing), Befragungen  auf  der  Straße, Zitate  und  manche  literarische  Perlen (!) in  die  Fußnoten. (Sehr  interessant  auch  die Erfahrungen, die Heinz Janssen aus seiner Arbeit in der Grundschule weitergibt.) Außerdem habe ich selten so viele  Bezüge auf Martin  Luther gelesen  wie  in  diesem  Buch!  Janssen buchstabiert das Wort Gottes in beiden Testamenten, vom  1. Buch Mose bis hin  zur Offenbarung auf gut 330 Seiten. Wie macht der Autor das?

Heinz Janssen spürt den biblischen Geschichten nach. Dabei gibt er sich ganz als Theologe und nicht – wie sonst oft zu finden – als Hobbypsychologe! Er versucht den hebräischen und griechischen Wörtern der Heiligen Schrift auf die Spur zu kommen, bietet eigene Übersetzungen, nimmt auch gelegentlich Angebote von  jüdischen Exegeten an und versucht, eine Brücke über den „garstigen  Graben“ des Urtextes zu dem heutigen Leser zu schlagen. Schon in der ersten Betrachtung von Gen 1, 2ff spürt man die kreativ – musikalische Begabung des Autors. Und dies nicht nur im Zitieren von  kirchlichem Liedgut und Psalmversen, sondern auch in der Besprechung eines Oratoriums (Auslegung  von Gen  25,19-36,43).  Janssen  entdeckt  in  den biblischen Erzählungen wie  in dem musikalischen Opus eines vielstimmigen Chors Motive, die sich mit einander verschlingen, Kontrapunkte und tragende Grundtöne, die durchklingen. Und gelegentlich  findet man  auch  eigene poetische Verdichtungen des Autors  (z. B. S. 280, 294)!  Das „Achtergewicht“ der Auslegungen bildet Jesus, der das Gesagte  bestätigt, vervollständigt, abrundet. Er ist Teil auch der alttestamentlichen Zeugen und Katalysator ihrer Wahrheit. Und in den neutestamentlichen Betrachtungen werden die Väter und Propheten als Zeugen auf Jesus gedeutet. Darum schließen auch fast alle Texte mit einem Jesuswort.

Allen Auslegungen ist gemeinsam, dass sie den „Sitz im Leben“ des Hörers suchen. Das Wort Gottes soll uns erreichen, zum Nachdenken, „Schwingen und Klingen“ (S. 75) bringen und verändern. Dabei werden gesellschaftspolitische Fragestellungen nicht ausgenommen, auch nicht zu tagespolitischer Forderung verkürzt  –  oder  wie  bei  „Winnenden  2009“  in  einer Fußnote voller Betroffenheit ausgeführt (S. 174). Der jeweils letzte Absatz der Betrachtungen hat oft einen auffordernden  Impetus – wie z. B. zu „Arm und Reich“: „Sich umschauen, hin(…) sehen, wahr  (…) nehmen und dabei  im persönlichen Umfeld an  (…)  fangen“!  (S. 188) „Denn  die  Botschaft  der  Bibel  drängt  geradezu  nach  Leben,  nach  lebenspraktischer Anwendung und Umsetzung“ (210). Last but not least soll hier auch auf die Überschriften hingewiesen werden. Sie bilden den ersten Anstoß zum Nachdenken. Sie provozieren – vor dem Lesen des biblischen Textes – bereits Gedanken im Lesenden, wecken eine Erwartungshaltung und eine Neugierde auf Antwort oder Lösung.

Interessant sind die „Anklänge  –  Kirchenliedern  nachgedacht“,  die  Heinz  Janssen an die Schriftauslegungen anfügt. Dabei befasst er sich  mit  (bekannten)  Kirchenliedern  und bespricht auch ein neueres Lied des Evangelischen Gesangbuchs. Hier zeigt sich wieder der Autor als Musiker, wenn er z. B. zu EG 210 den Zusammen – Klang von Wort und Melodie beschreibt (S. 346ff) und mit den Worten der Heiligen Schrift verbindet.

Die Literaturhinweise weisen auf einen großen Fundus hin, aus dem der Autor schöpft. Der Verzeichnis der Bibelstellen ist für den Leser sehr hilfreich – gerade wenn  er Lektor  oder Verkündiger  ist. Und die Synopse aus Kirchjahreskreis und  Perikopen wie das Sach-  und Wörterverzeichnis der theologischen Begriffe ist ebenfalls hilfreich und bedienerfreundlich. Interessant ist das Postskript von Karl Barth – ein würdiger Antagonist zu Martin Luther, mit dem Heinz Janssen sein sehr gut lesbares Buch beschließt!

(Der Rezensent Christoph Kühne ist Mitautor beim Heidelberger Predigt-Forum, www.predigtforum.de)

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3 Kommentare on “GOTTES WORT UND MENSCHENWORT – ein Buchhinweis von Christoph Kühne, Hamburg

  1. Peter Hoffmann

    Hallo, ist der Verfasser des obigen Aufsatzes der namensgleiche Theologe, der in der Hansestadt Lübeck ehemals tätig war? Wenn das zutreffen sollte, bitte ich um kurze Rückmeldung.Freundliche Grüße vom Absender.

  2. Peter Hoffmann

    Der Aufsatz gibt mir neue Ansätze, den Bestseller – sprich Bibel – an den entsprechenden Stellen nachvollziehen zu können. In unserm Freundeskreis wird er Thema der nächsten Diskussion sein.

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