Wolfgang Kraus / Martin Rösel (Hg.), Update Exegese 2.1. Ergebnisse gegenwärtiger Bibelwissenschaften, Evang. Verlagsanstalt Leipzig 2015, kartoniert 279 S. , 34,– €. ISBN 978-3-374-04180-0
Von der Politik herkommend sind manche der Überzeugung: „Was kann aus Bayern Gutes kommen?“ Dies mag politisch und zuzeiten vielleicht auch theologisch so sein. Für dieses bayrische Produkt trifft es definitiv nicht zu. Im Gegenteil! Seit 2012 wurde nämlich – so die beiden Hg. in ihrem „Vorwort“ (S. 5-8) – im ´Korrespondenzblatt des Bayerischen Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins´ „monatlich ein wichtiges Thema der gegenwärtigen theologischen Debatte vorgestellt“. (S. 7) Die auf die Exegese fokussierten Beiträge wurden für diese Sammlung ergänzt und nun dankenswerterweise für den allgemeinen Gebrauch veröffentlicht.
Denn: Ist es nicht so? Im Studium bekommt man allenfalls einen Augenblickseindruck der Forschung. Tritt man in die Vikarsausbildung und den Pfarrberuf ein, bemerkt man schnell, wie sehr die konkrete Arbeit vor Ort und ihre Handlungslogiken den Alltag bestimmen. Während in der IT-Branche updates zum Alltag gehören, wird die Pflege und Weiterentwicklung der theologischen Kompetenz in aller Regel viel zu sehr vernachlässigt bzw. auf punktuelle Ereignisse reduziert. Aber, so führt Heinrich Bedford-Strohm die Gedanken seines Geleitwortes (S. 12-15) weiter: „Pfarrerinnen und Pfarrer – und gleichermaßen Religionslehrerinnen und Religionslehrer – werden den aktuellen Herausforderungen unserer modernen und pluralen Gesellschaft nur in dem Maße gerecht werden können, in dem sie die theologische Kompetenz … pflegen …“ (S. 13)
Dazu verhelfen die insgesamt 27 Beiträge der 18 Autoren (s. S. 277-279 das „Autorenverzeichnis“; es ist tatsächlich keine Frau dabei!). Fünf Beiträge sind dem AT gewidmet, sechs Jesus und den Evangelien, acht Paulus und weiteren ntl. Schriften und Problemen; drei bedenken „Hermeneutische Perspektiven“ ( = Überschrift des letzten Teiles). Die restlichen fünf Beiträge stellen die Zeit „Zwischen den Testamenten“ (= Überschrift) dar, zwei davon den Themenbereich Qumran. Allein die Tatsache, dass der zwischentestamentarischen Zeit ein so großes Gewicht gegeben wird, bezeugt eine veränderte Sicht von Tradition und Überlieferung.
Über diese allgemeinen Informationen hinaus möchte ich die folgenden formalen und inhaltlichen Bemerkungen machen:
- Das Inhaltsverzeichnis steht S. 9-11 nach dem Vorwort etwas deplatziert. Außerdem wird angezeigt, dass das Autorenverzeichnis S. 276 beginnt; tatsächlich aber beginnt es S. 277. Einer zweiten Aufl. möge außer dem Bibelstellenregister und Autorenverzeichnis ein wenigstens ausgewähltes Sachwortregister beigefügt werden.
- Die reichlich genannte englische Literatur signalisiert, dass die deutsche Theologie internationaler zu werden begonnen hat. Endlich. Zu ergänzen ist das von Magne Sæbø hg. fünfbändige Werk Hebrew Bible / Old Testament.
- Leider fehlen eigenständige Beiträge zu den Psalmen und den Entwürfen einer gesamtbiblischen Theologie; vgl. dazu den ersten Band „Jahrbuch für Bibl. Theologie“, der schon 1986 erschien (³1991). Ansätze gesamtbiblischen Denkens findet man in den beiden Beiträgen zu ´Opfer´ von Christian Eberhart; leider gehen beide an der neueren Kritik einer Sühnevorstellung (etwa durch Klaus-Peter Jörns) vorbei.
- Vergleicht man die Artikel zu ´Wunder´ in den verschieden Auflagen der beiden wichtigsten theologischen Lexika TRE und RGG, so wird man einen bedeutsamen Wandel feststellen. Dieser Wandel hätte m.E. unbedingt zu einem modernen update gehört.
Trotz der markierten kritischen Punkte sei dieses theologische update sowohl zur persönlichen Lektüre als auch zur Diskussion in Pfarrerskreisen sehr empfohlen – auch wenn es derzeit (Stand April 2018) laut Auskunft des Verlages vergriffen ist.