“Messias Jesus”

Rainer Riesner, Messias Jesus. Seine Geschichte, seine Botschaft und ihre Überlieferung, Brunnen-Verlag Gießen 2019, gebunden 537 S.,  58,–  €,
ISBN 9783765594106

Versucht man die Vielzahl der vor allem seit dem 20. Jahrh. erschienenen Jesus-Bücher (in einem der drei Anhänge seines monumentalen Werkes führt Riesner [abgek. R.] vier eng bedruckte  S. „Jesus-Bücher“ auf; es beginnt 1923 mit Schlatters „Die Geschichte des Christus“; 1926 folgte dann Bultmanns x-mal aufgelegtes Jesus-Büchlein) zusammenzufassen, so könnte man sie bis auf relativ wenige unter die Überschrift `Christologie – danke nein´ stellen. Denn jegliche ´hohe Christologie´ wird abgelehnt. Der irdische Jesus könne sich doch niemals etwa als ´Sohn Gottes´ verstanden haben. Allein schon der programmatische Titel des hier anzuzeigenden Jesus-Buches weist in eine andere Richtung. Verankert der Haupttitel Jesus in der Geschichte Israels, so verweist der Untertitel auf seinen Verfasser als historisch und literarisch beschlagenen Theologen.

  1. (s. https://de.wikipedia.org/wiki/Rainer_Riesner) lehrte bis zu seiner Emeritierung NT an der TU Dortmund (http://evtheo.fk14.tu-dortmund.de/cms/evtheo/de/personen/emeritiert/riesner.html). Wissenschaftlich hervorgetreten ist er zum ersten Mal durch seine Tübinger Dissertation „Jesus als Lehrer“ (1981; die 4. Aufl. ist in Vorbereitung). Das jetzt fast genau vierzig Jahre danach erschienene Jesus-Buch dürfte R.s Alterswerk sein und die Krönung seiner wissenschaftlichen Arbeit. Gewidmet ist es seinen vier Kindern.

Aber R. schreibt nicht nur für die Zunft der Neutestamentler; das auch, aber in der „Einführung“ sagt er ausdrücklich: „Der Verfasser wünscht sich als Leser und Leserinnen nicht nur  Theologen, sondern auch interessierte Nichttheologen, die sich nicht mit sensationalistischen  oder wenig begründeten populären Darstellungen zufriedengeben wollen.“ (XV)

Für die Lektüre des umfänglichen Buches empfiehlt R. entweder, erst einmal nur den Haupttext (ohne die 35 Exkurse und die vielen Anm.) zu lesen. Oder man beginnt – so mein Vorschlag an die Kolleg*innen – mit den letzten beiden Kapiteln („14: Die Überlieferung“ und „15: Die Erforschung“).

Im ersten Kap. geht R. nach der einleitenden sprachlichen Erläuterung von christós der „lange(n) und an Wendungen reiche(n) Geschichte“ (S. 1) des Messiastitels im AT und im Judentum nach. Denn Jesus und sein Schicksal stehen ja mitten darin. Von Kap. 2-13 geht R. chronologisch dem Verlauf der Vita Jesu nach. Dies schlägt sich in den Kap.überschriften nieder.  Unverständlich und unerklärt bleibt leider die letzte Überschrift „Der Freispruch“ (in fünf Abschnitten geht es darin um die Ereignisse von der Bestattung Jesu bis zu der ersten messianischen Jerusalemer Gemeinde). Unter Verweis auf einige Historiker und viele im weitesten Sinne positive Theologen, vor allem jedoch in der Abwägung und im Bedenken der paulinischen und Evangelientexte ist für R. die Auferstehung Jesu ein historisches Ereignis (vgl. S. 396-400). Etwas demütiger halte ich es mit  Berthold Klapperts „Diskussion um Kreuz und Auferstehung“, wo die Auferstehung Jesu als einzigartiges Geschehen an den Rändern der Geschichte verstanden wird.

Bei der Lektüre des gesamten Werkes ist man dankbar für den immensen Reichtum an geographischen, archäologischen und geschichtlichen Kenntnissen, die R. ausbreitet. Er befindet sich damit auf den Spuren des Palästinakundlers Gustav Dahlman (1855-1941; „Orte und Wege Jesu“) und des NT.lers Joachim Jeremias (1900-1979).

Vor dem Schlussgedanken seien noch zwei Bemerkungen gemacht.

(1) R. verweist relativ oft Arbeiten Roland Deines´, nirgendwo jedoch auf seinen Buchbeitrag „Der Messiasanspruch Jesu im Kontext frühjüdischer Messiaserwartungen“ (in: Braun u.a. Hg., Der jüdische Messias Jesus und sein jüdischer Apostel Paulus,Tübingen 2016,50-106).

(2) Jürgen Moltmann entfaltet seine „Christologie im messianischen Kontext“ (Untertitel von „der Weg Jesu Christi“); ein sich gegenseitig befruchtendes Gespräch zwischen dem von der Exegese herkommenden R. und dem Systematiker Moltmann dürfte sich interessant gestalten.

Sieht man Historie, Theologie und persönliche Frömmigkeit in einem notwendigen Dreiklang, so hat R.s Jesus-Buch natürlich seine Schwerpunkte in Historie und Theologie. Als solches ist es das verlässliche Fundament für die persönliche Frömmigkeit.

Gerhard Maier

 

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