Hanna Nouri Josua Ibrahim, der Gottesfreund…

Hanna Nouri Josua, Ibrahim, der Gottesfreund. Idee und Problem einer Abrahamitischen Ökumene (Hermeneutische Untersuchungen zur Theologie 69), Verlag Mohr Siebeck Tübingen 2016, gebunden XIV, 694 S. (mit 17 Schaubildern bzw. Abb. und 8 Exkursen), 129,– €
ISBN 978-3-16-150145-6

Sibylle Lewitscharoff und Najem Wali, beides arrivierte Schriftsteller, veröffentlichten 2018 ihre dialogisch aufgebauten „Streifzüge durch Bibel und Koran“ (= Untertitel); der Haupttitel lautet „Abraham trifft Ibrahim“. Natürlich ist die Gestalt Abrahams nicht nur zufällig ein Teil des Titels, auch nicht nur einer von neun in Bibel und Koran vorkommenden und von ihnen vorgestellte Personen, sondern – so die Worte des im Geist der Aufklärung, fast atheistisch gesonnenen Moslems Wali: „Er (sc. Abraham) gilt, nach Adam, als legitimer Vater der Menschheit und Schutzpatron aller, die an einzigen Gott glauben.“ (ebd. 71) Abraham als „Vater der Menschheit“ klingt etwas übertrieben. Eine Seite später redet Wali mit Bezug auf Sure 4,125 präziser von „Ibrahim, dem Freund“; vgl. dazu vollständig Josua (= J.) 28, Anm. 80 und 614-616.

Eben diesen Ehrentitel („Freund Gottes“) machte J. zum Titel seiner gründlichen Untersuchung. Diese wurzelt in einer schon 2005 in Leuven eingereichten Dissertation. Seitdem ist viel Neues erschienen. Dies sichtete J. und überarbeitete seine Dissertation zu diesem monumentalen Werk. Im Blick auf die Abraham-Literatur lässt sich schon jetzt sagen, dass an J.s Ergebnissen kein Autor mehr vorbeikommt, der sich zu Abraham bzw. zu einer abrahamitisch begründeten Ökumene äußern möchte. Indices dafür sind Matthias Köckerts 2017 ersch. Abrahambuch und Reinhold Bernhardts „Inter-Religio“ (2019).

J.s Arbeit besteht aus vier Teilen. Der erste Teil (I) hat die „Idee einer ´Abrahamitischen Ökumene´“ zum Inhalt. Man erfährt darin z.B., dass schon Muhammad vor 1400 Jahren bei den Diskussionen um Maria und Jesus auf der Suche nach einem „´Wort des Ausgleichs´“ (Sure 3,64) Abraham ins Spiel brachte. (20) Dieser Ansatz hält sich bis in unsere Gegenwart hinein durch, was sich  – um nur drei Namen bzw. Punkte zu nennen – an den Bemühungen von Hans Küngs ´Weltethos´, aber auch bei Karl-Josef Kuschel und beim Vaticanum II zeigt. Am Ende des langen Durchgangs durch die Geschichte des jüdisch-christlich-muslimischen Trialoges stellt J. fest: „Keine Abrahamitische Ökumene ohne Grundlagenforschung zu Abraham!“(88) Im zweiten Teil (II) legt J. akribisch genau Rechenschaft ab über „Quellen und Hermeneutik“. Dass der in Jordanien geborene und aufgewachsene J. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Hanna_Nouri_Josua) für die Ursprungsquellen in arabischer Sprache plädiert, dürfte selbstverständlich sein. Teil III ist der materialreichste und deshalb umfänglichste (189-593); er handelt vom Propheten und den Erzählungen über ihn in polytheistischen, jüdischen und christlichen Kontexten. Im abschließenden vierten Teil bündelt J. seine Anfragen an abrahamitisch begründete Ökumenemodelle und endet mit dem Ausblick auf einen ehrlichen Trialog in versöhnter Toleranz (629).

Wollte man J.s eindrucksvolles, aufsehenerregendes, gut zu lesendes Werk in möglichst wenigen Stichworten charakterisieren, dann durch diese drei: – realistisch-nüchtern, im besten Sinne kritisch
– streng an den Quellen orientiert, aber doch weiterführend
– deshalb ein Basiswerk des Trialogs – mit einem Wermutstropfen: der sehr   hohe Preis.

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