“Sünde und Umkehr”
Andreas Wagner/Jürgen van Oorschoot (Hgg.), Der bestmögliche Mensch. Alttestamentliche und systematisch-theologische Anmerkungen zu Sünde und Umkehr (Veröffentlichungen der Wissenschaft-lichen Gesellschaft für Theologie Bd. 67), Evang. Verlagsanstalt Leipzig 2022, kartoniert, 187 S.,78,– €, ISBN 978-3-374-07121-0
Georg Brunold sammelte in „Nichts als der Mensch…“ (Berlin 2013) sehr verschiedene nachdenkliche Texte aus 2500 J. Menschheitsgeschichte, sehr Schönem-Erhabenem und Abgründigem. Den beiden Herausgebern des hier anzuzeigenden Büchleins ging es in einem ersten 2020 ersch. Sammelband um die „Perfektion und Perfektibilität in den Literaturen des AT“, also um einen relativ schmalen Ausschnitt des Menschseins.
Die exegetische Konzentration wurde nun – so heißt es im Vorwort – um fundamentale syst.-theol. Fragestellungen erweitert, „wie etwa
– die Unterscheidung zwischen dem Vermögen Gottes und dem des Menschen,
– die Integrität/Ganzheit, Sünde und Schuld sowie
– das geschöpfliche Diesseits und das vollkommene Jenseits.“
Die vier Systematiker*innen Markus Iff, Michael Moxter, Wolfgang Schoberth und Dorothe Sattler sorgen dafür, allerdings nicht in gleichem Maße für alle drei genannten Bereiche.
Iff untersucht die Problematik und die Möglichkeit des Sündenbegriffes. Schoberth nimmt sich mit Blick auf Kant und Adorno den schwierigen Begriff der Erbsünde vor; S. 97 sagt er von ihr, „dass jeder fehlt und nicht einmal wissen kann, wie oft und wo.“ Zwischenfrage: ist dieser Satz – radikal ernst genommen – nicht so umwerfend, dass er einem die Luft abschnürt? Moxster richtet den Blick besonders auf Nietzsche und Tillich (S. 134f: „´Essentifikation´“. Moxters letzter Satz verlangt jedoch nach einer Fortsetzung: „Doch so einfach ist es nicht.“ Wie könnte diese aussehen? In den letzten drei ihrer sieben Abschnitte konzentriert Sattler sich auf ökumenische, gemeindliche und seelsorgerliche Aspekte.
Die Alttestamentler*innen Michaela Bauks, Christian Frevels, Achim Behrens, Marianne Grohmann und Katharina Pyschny sinnen Gen 3f.6.8, Num 6 und den Pss 38 und 51 nach. Dabei macht Behrens in seinem Beitrag im Schlussabschnitt gleich mehrere wichtige Punkte; die ersten beiden sind: „Ich meine jedenfalls, dass eine Reihe alttestamentlicher Texte es nahelegen, so etwas wie Erb- oder Ursünde neu in den Blick zu nehmen. Dabei ist dann aber auch zu bedenken, dass das eigentliche Ziel der Texte nicht die Behaftung des Menschen bei seiner Sünde, sondern die Neuschöpfung und der Neuanfang ist…“ (S. 78) Spätestens hier wäre unbedingt die Brücke zum NT zu schlagen. Was man in diesem Band schmerzlich vermisst, sind ntl. Perspektiven. Wäre also nicht ein einziges, dann dickeres, umfänglicheres und vollständigeres Buch sinnvoller gewesen?
Schlussendlich vier nicht nur formale Dinge:
– Das Druckbild könnte / sollte größer und etwas fetter sein.
– Ich vermisste ein Verzeichnis der Bibelstellen, Namen und Begriffe.
– Sehr dankbar ist man für die vielen Lit.hinweise,
– ganz und gar nicht jedoch für den sehr hohen Preis.
Dr. Gerhard Maier