Gisela Hack-Molitor, Lotte Paepcke, “Es wurde nicht wieder gut”. Als Jüdin im Nachkriegsdeutschland

Gisela Hack-Molitor, Lotte Paepcke, “Es wurde nicht wieder gut”. Als Jüdin im Nachkriegsdeutschland, 8grad verlag Freiburg 2023, gebunden 180 S., 24,– €, ISBN 978391022817

Die Jüdin Lotte Mayer wurde am 28.6.1910 in Freiburg i.Br. geboren und starb am 9.10.2000 hochbetagt in Karlsruhe. Bisher machte nur ein recht unbedeutender wikipedia-Artikel auf sie aufmerksam. Anzuzeigen ist hier nun ein kleines Buch, verfasst von einer Literaturwissenschaftlerin, Redakteurin und Lektorin. Hack-Molitor ist der Überzeugung – so liest man auf der letzten S. 159 im letzten Absatz -, dass Paepcke mit ihrem Leben und ihren Werken “nicht in Vergessenheit geraten sollte.” (umgest.) Dass dieser Wunsch guten Grund hat, zeigen mindestens drei Besonderheiten, die die Protagonistin kennzeichneten und die die Autorin sehr gründlich recherchierte (184 Anm.!) und mit vielen längeren Zitaten darstellt::

(1)  Weil Lotte Mayer nach ihrem Jurastudium bereits 1934 (also vor den sog. Nürnberger Gesetzen) den deutschen Philologen Dr. Ernst August Paepcke heiratete, galt sie lange Jahre “nur” als Halbjüdin und überlebte den Nationalsozialismus, auch mit Glück und mancher Unterstützung anderer, zuletzt in einem Kloster versteckt.

(2) Allerdings litt ihre Seele / Psyche zunehmend und so sehr, dass Paepcke nach Kriegsende psychologischer Hilfe bedurfte. Dies, ihre humanistisch-menschliche Grundhaltung und ihre juristische Bildung prädestinierten sie 1951 zur Mitbegründerin und langjährigen Mitarbeiterin der Karlsruher Eheberatungsstelle zu werden.

(3) Daneben war sie literarisch-poetisch (dafür erhielt sie den Johann-Peter-Hebel- und den Reinhold-Schneider-Preis), journalistisch und ab 1952 beim Südwestfunk tätig. Ihr Gesamtwerk umfasst drei Bände.

Am beeindruckendsten war für mich, Paepckes Schicksal in ihrer Innensicht und das ihrer Familie zu erleben. So wird der Untertitel (vgl. S. 48f.113ff) voll verständlich – und man kann wohl niemals mehr den billigen Satz “Alles ist / wird gut” sagen. Zur Wiedergutmachung Paepckes eigene Worte: “Der Begriff der Wiedergutmachung ist unzutreffend und irreführend, da die Schäden durch Verfolgung, Beraubung, Versklavung, durch Freiheitsentzug und Ermordung unter dem nationalsozialistischen Regime nicht wieder gut gemacht werden können.” (S. 63)

Dr. Gerhard Maier

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