Die Zeit der letzten Dinge

Julia Weitbrecht / Andreas Bihrer / Timo Felber (Hg.), Die Zeit der letzten Dinge. Deutungsmuster und Erzählformen des Umgangs mit Vergänglichkeit in Mittelalter und Früher Neuzeit, V & R Unipress Göttingen 2020 kartoniert 345 S. 45,–  €, ISBN 9783847110972

Sterben und Tod waren und sind „Dauerbrenner“ jeder menschlichen Kultur. Besonders an den Jahrtausendwenden lassen sich gehäuft Weltuntergangsszenarien beobachten. Vor allem aber ist der individuelle Tod das Thema schlechthin. In dem hier anzuzeigenden Buch geht es dementsprechend zwar auch um das Weltende (ein Beitrag trägt den Titel „Politische Visionen. Andersweltreisen, Zeitsemantiken und Legitimationsstrategien im frühmittelalterlichen Irland“, ein anderer „Am Ende der Welt…“), jedoch geht es allermeist um das individuelle Sterben. Das Coverbild zeigt einen Sterbenden aus einem mittelalterlichen ars moriendi-Buch und ist sehr passend gewählt.

Die drei Herausgeber*innen dieses historisch und literaturwissenschaftlich orientierten Buches zu Sterben und Tod (vgl. den Untertitel) sind – das erfährt man auf dem rückseitigen Umschlageinband Literatur- bzw. Geschichtsprofessor*innen in Kiel. Dort fand im Juni 2018 eine fachwissenschaftliche Tagung statt – leider ohne Theologen! Aber so ganz sicher ist das nicht. Denn von keinem der anderen zehn Beitragenden erfährt man, welcher Fakultät sie angehören. Zwei weitere Negativa sind zu nennen: das Druckbild der Anm. ist zu klein und undeutlich. Und schlussendlich der Preis.

Exemplarische Blicke in drei Beiträge mache auf den Wert dieses Buches aufmerksam.

Sehr bekannt und oft zitiert ist Hannah Arendts philosophisches Hauptwerk Vita activa oder Vom tätigen Leben. Demgegenüber kennt man aus mönchisch-mystischer Tradition die vita passiva bzw. contemplativa. So gut wie unbekannt ist aber das Paradigma der vita mixta; diese wird S. 103-124 im Beitrag „Die letzten Dinge im tätigen Leben…“ anhand einer 1347/48 zu datierenden Papierhandschrift vorgestellt und diskutiert.

Nicht nur für technisch Interessierte lesenswert ist der Beitrag „Geistliche Uhren…´Horologium-Tradition“  (S. 195-223). Denn diese Uhren waren „Teil der Hauskirche, des privaten Andachtsarsenals“ (S. 195).

Im letzten Beitrag (S. 317-345) wird Justus Menius´Schrift „Von der bereitung zum seligen Sterben“ vorgestellt. Dass dieser Thüringer Reformator überhaupt existierte, das erfährt man nicht einmal in der RGG; dass er diese Schrift verfasste auch nicht in der TRE!

In summa: So mögen wir Theologen auf die Erkenntnisse der Nachbarwissenschaften lauschen!

Dr. Gerhard Maier

 

 

 

 

 

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