Update Exegese
Karin Finsterbusch / Wolfgang Kraus / Martin Rösel (Hg.): Update Exegese 2.3.Grundfragen gegenwärtiger biblischer Frauen und Geschlechterforschung, Evang. Verlagsanstalt Leipzig 2025, kartoniert, 344 S., 34,--€, ISBN 978-3-374-078998
Im Studium bekommt man in der Regel nur einen Augenblickseindruck von der Forschung. Tritt man in die Vikarsausbildung und den Pfarrberuf ein, bemerkt man schnell, wie sehr die konkrete Arbeit vor Ort und ihre Handlungslogiken den Alltag bestimmen. Während in der IT-Branche und anderen beruflichen Feldern updates fast alltäglichen Charakter haben, wird die Pflege und Weiterentwicklung der theologischen Kompetenz in aller Regel viel zu sehr vernachlässigt bzw. auf punktuelle Ereignisse reduziert. Aber, so der damalige EKD-Bischof Bedford-Strohm in seinem Geleitwort zur ersten Ausgabe der update-Exegese 2.1: „Pfarrerinnen und Pfarrer – und gleichermaßen Religionslehrerinnen und Religionslehrer – werden den aktuellen Herausforderungen unserer modernen und pluralen Gesellschaft nur in dem Maße gerecht werden können, in dem sie die theologische Kompetenz … pflegen...“
Dies gilt für das Thema der hier anzuzeigenden Ausgabe in ganz besonderem Maße. Und dies erkennt man beim Lesen der einzelnen Beiträge, besonders aber am Geleitwort von Kristina Kühnbaum-Schmidts. Sie gibt einen gerafften, hervorragenden Überblick zumThemenbereich (kirchlich-theologischer) Feminismus. Dankbar ist man für den Hinweis auf S.7, Anm. 10, nämlich „die auf 20 Bände angelegte exegetisch-kulturgeschichtliche Enzyklopädie ´Die Bibel und die Frauen´“.
Der jetzt veröffentlichte Band 2.3 enthält insgesamt 34 Beiträge zu Problemlagen und Perspektiven der Frauen-Forschung, z.B. der erste, verfasst von Christl M. Maier: „Typisch weiblich? Typisch männlich? Geschlechterstereotypen und ihre Folgen“. Damit wird der erste Teil „Grundlegendes“ eröffnet. Der zweite Teil „Hebräische Bibel und frühjüdische Literatur“ enthält 13 Beiträge, der dritte 12 zu „NT und frühchristliche Apokryphen“. Je nach Interesse wird man auf sehr vieles stoßen – und sich daran freuen, z.B. „Maria Magdalena und ihre kirchliche Karriere als große Sünderin“ (von Martin Meiser).
Am Ende steht außer dem „Herausgeber:innen und Autor:innenverzeichnis“ ein Bibelstellenregister und ein „Verzeichnis der Beiträge in ´Update-Exegese 2.1 und 2.2´“. So erhält man einen Überblick über das ganze Projekt.
Im Blick auf die Anhänge und das Ganze die folgenden fünf Bemerkungen: Nurmehr zwei Kleinigkeiten sind: Das Inhaltsverzeichnis steht S. 9-12 nach dem Vorwort mMn etwas deplatziert; besser doch ganz am Anfang. Und einer zweiten Auflage mögeein wenigstens ausgewähltes Sachwortregister beigefügt werden. In 2.3 sind zwei Drittel der Beitragenden weiblich; Frauen und Geschlechterforschung kann nicht auf ein Geschlecht und nicht nur auf einen Kontinent oder Kulturraum oder nur eineKonfession begrenzt werden. Was die Universalität der Frauenfrage anlangt, bleiben Wünsche durchaus offen. So schreiben zwar drei englischsprachige Autorinnen mit. Aber radikal feministische Voten bleiben unberücksichtigt. Die genannte englische Literatur signalisiert, dass die deutsche Theologie internationaler zu werden begonnen hat. Endlich. Hildegard von Bingen soll gesagt haben : „Ohne die Frau könnte der Mann nicht Mann heißen, ohne Mann könnte die Frau nicht Frau genannt werden.“ In diesem Sinne hätte man – weil die Beiträge exegetisch ausgerichtet sind - gerne - schöpfungstheologisch-systematisch begründet - etwas zu Adam und Eva, dem ersten Menschenpaar, gelesen. Und: Gibt es eventuell neue (religionsgeschichtliche) Erkenntnisse? Sträflich zu kurz kommt die Notwendigkeit, die (Männer-) Frauen-Frage ausgehend von Jesus bei Paulus und in den Pastoralbriefen querschnittartig und zusammenfassend darzustellen. Selbst eine der Kernstellen, die oft bemühten wenigen Verse Gal 3,26-28, wird keine zehnmal erwähnt, und auch da nur sehr kurz. Im Blick auf den Sammelband ist man sehr dankbar. Summierend lässt sich feststellen: Es ergaben sich neue Fragestellungen; frühere Perspektiven haben sich bestätigt, aber teilweise sich auch als Irrwege erwiesen oder – burschikos gesagt – schossen zu kurz.
Dr. Gerhard Maier