Heilige Orte
Traumhafte Wirklichkeit — Schutz und Segen
Predigttext | 1. Mose / Genesis 28,10-22 (mit Einführung) |
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Kirche / Ort: | Protestantische Kirche / 66989 Nünschweiler |
Datum: | 21.09.2025 |
Kirchenjahr: | 14. Sonntag nach Trinitatis |
Autor: | Pfarrerin Anke Andrea Rheinheimer |
Predigttext: 1. Mose / Genesis 28,10-22 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)
10 Aber Jakob zog aus von Beerscheba und machte sich auf den Weg nach Haran 11 und kam an eine Stätte, da blieb er über Nacht, denn die Sonne war untergegangen. Und er nahm einen Stein von der Stätte und legte ihn zu seinen Häupten und legte sich an der Stätte schlafen. 12 Und ihm träumte, und siehe, eine Leiter stand auf Erden, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder. 13 Und der HERR stand oben darauf und sprach: Ich bin der HERR, der Gott deines Vaters Abraham, und Isaaks Gott; das Land, darauf du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. 14 Und dein Geschlecht soll werden wie der Staub auf Erden, und du sollst ausgebreitet werden gegen Westen und Osten, Norden und Süden, und durch dich und deine Nachkommen sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden. 15 Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst, und will dich wieder herbringen in dies Land. Denn ich will dich nicht verlassen, bis ich alles tue, was ich dir zugesagt habe. 16 Als nun Jakob von seinem Schlaf aufwachte, sprach er: Fürwahr, der HERR ist an dieser Stätte, und ich wusste es nicht! 17 Und er fürchtete sich und sprach: Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und hier ist die Pforte des Himmels. 18 Und Jakob stand früh am Morgen auf und nahm den Stein, den er zu seinen Häupten gelegt hatte, und richtete ihn auf zu einem Steinmal und goss Öl oben darauf 19 und nannte die Stätte Bethel; vorher aber hieß die Stadt Lus. 20 Und Jakob tat ein Gelübde und sprach: Wird Gott mit mir sein und mich behüten auf dem Wege, den ich reise, und mir Brot zu essen geben und Kleider anzuziehen 21 und mich mit Frieden wieder heim zu meinem Vater bringen, so soll der HERR mein Gott sein. 22 Und dieser Stein, den ich aufgerichtet habe zu einem Steinmal, soll ein Gotteshaus werden; und von allem, was du mir gibst, will ich dir den Zehnten geben
Vorbemerkungen zum Predigttext
Die biblische Geschichte von Jakobs Traum in Bethel ist Teil der Erzelterngeschichten, der Stammväter und Stammütter Israels. Allgemeinmenschliches wird darin verhandelt, z. B. Geschwisterrivalität, nicht nur bei Kain und Abel, sondern auch zwischen Jakob und seinem Bruder Esau, dem Erstgeborenen, den der Jüngere um den Erstgeburtssegen betrügt. Jakob, er wird wie noch andere biblische Gestalten wider Erwarten zum begnadigten Sünder, der Segen erfährt und durch den andere Menschen gesegnet werden. Unverdient wird er das, weil Gott bedingungslos liebt, auch wenn wir mit unserem Leben manchmal auf Abwege geraten. Auf diese befreiende, ermutigende Botschaft zielt diese Predigt. So lässt sich zwischen Jakobs Traum damals und unseren Träumen heute eine Brücke bauen: zu Tagträumen, Lebensträumen, auch zu Albträumen, in denen uns die Sorgen des Alltags im Unterbewussten einholen und verfolgen bis in den Schlaf. Wer hat sie nicht schon gehabt, eine schlaflose Nacht voller Sorgen und Bangen, die Angst vor der Zukunft im Nacken.
Jakob hatte einen guten Traum. Er wacht nicht schweißgebadet auf, sondern mit einer wunderbaren Gotteserfahrung. Er empfängt Gottes Segen, obwohl er Fluch und Strafe erwartet hatte. Unverdiente Gnade, plötzlich und unvermittelt, an einem unwirtlichen Ort in steinigem, wüstenähnlichem Gelände. Gott verheißt Jakob zahlreiche Nachkommen, Vieh und Landbesitz und eine behütete Rückkehr aus der Fremde. Jakobs Traum wird wahr. Für seinen Traum gilt nicht das sprichwörtliche „Träume sind Schäume“, die zerplatzen wie Seifenblasen. Im Traum empfängt er eine Botschaft für sein Leben. Gott hat noch viel mit ihm vor. Dem begnadigten Sünder werden die Engel zu Segensboten, die die Gedanken Jakobs in den Himmel und die Antwort Gottes zurück zu Jakob tragen. Die Szene wurde in der Kunst oft dargestellt. Jakob kann seinen Traum selbst entschlüsseln. Jakobs Traum wurde zur Inspiration für viele andere Träumende, die Realisten und Aktivisten blieben - so wie für Martin Luther King, den schwarzen Bürgerrechtlicher in den USA, der seinen Traum von der Überwindung der Rassentrennung nie aufgegeben hat, den er am Ende selbst tragischerweise mit dem Tod bezahlt hat. Aber Martin Luther Kings Worte in seiner weltberühmten Rede „I have a dream“ hallen bis heute nach.
Träumen wir, auch wenn der Traum noch weit weg von der Realität und unerreichbar erscheint! Jakob musste lernen: Segen kann man nicht kaufen. Segen ist Gnadenerweis Gotte, unverdientes Geschenk. Auf diese Zuversicht im Glauben soll die Predigt ausgerichtet werden. Geben wir unsere Lebensträume nie auf! Es gibt dieses unverdiente Glück, nicht immer, aber immer wieder, dass ein Traum Wirklichkeit wird. Gott sei Dank.
Literatur
Das Alte Testament Deutsch (ATD), Tlbd. 2/4, Das erste Buch Mose (Genesis), von Gerhard von Rad, Göttingen 1987; Biblischer Kommentar. Altes Testament, Bd 1.17. Genesis, von Claus Westermann, Neukirchen-Vluyn 1980.
Lieder
Eingangslied: EG 288,1-4 “Nun jauchzt dem Herren, alle Welt
Lied vor der Predigt: EG 295, 1-4 „Wohl denen, die da wandeln“
Lied nach der Predigt: EG 691,1-3 „Näher, mein Gott, zu dir“Schlusslied: EG 395,1-3 „Vertraut den neuen Wegen“